MAN-Schließung: Wifo sieht bundesweit 5.900 Jobs bedroht
5.900 Jobs wären laut einer Studie des Wirtschaftsforschungsinstituts Wifo im Auftrag der Arbeiterkammer Wien durch eine Schließung des MAN-Standorts in Steyr gefährdet. Studienautor Gerhard Streicher vermisst - ebenso wie die Vertreter der Arbeiterkammer - eine Industrie-Strategie in Österreich, etwa im Hinblick auf den Klimawandel, wie er bei der Präsentation seiner Prognose im Rahmen einer Online-Pressekonferenz am Montag sagte.
Die Kfz-Industrie in Österreich habe traditionell eine hohe Produktivität, eine große Wertschöpfung und biete gut bezahlte Jobs, führte Streicher aus. In der Region Steyr sei die Branche im Wesentlichen von den zwei Unternehmen MAN und BMW getragen. Insgesamt würden derzeit rund 6.000 Leute - das sei ein Viertel der Beschäftigten in Steyr bzw. jeder sechste Mitarbeiter der österreichischen Kfz-Industrie - dort Arbeit haben. 37 Prozent seien Einpendler, meist aus den Bezirken Steyr-Land und Amstetten. Mit jeder Milliarde, die in der Steyrer Autoindustrie erwirtschaftet werde, seien 5.500 Jobs verbunden: 1.700 direkt in der Branche, weitere 1.600 bei Zulieferern und 2.200 durch induzierte Effekte. Bundesweit seien somit fast 20.000 Jobs mit der Autoindustrie in der Region verknüpft.
Konkret auf MAN bezogen geht das Wifo auf Basis der Zahlen von 2016 bis 2018 - im Schnitt 2.100 Beschäftigte und 1,1 Mrd. Umsatz - davon aus, dass Lohnkosten von 170 Mio. Euro eine geschätzte Wertschöpfung von 280 Mio. Euro gegenübersteht. Durch indirekte Effekte hängen gemäß den Berechnungen weitere 1.800 Beschäftigte im Zulieferbereich in ganz Österreich daran, die eine Wertschöpfung von rund 350 Mio. Euro generieren. Inklusive induzierter Effekte - also Konsum- oder Investitionseffekte - kommt das Wifo auf 5.900 Beschäftigte bundesweit, die mit dem Werk in Steyr verbunden sind und bei einer Schließung wackeln würden, davon 55 bis 60 Prozent in den Bezirken rund um Steyr. Das ist etwas niedriger als die Prognose der Initiative Wirtschaftsstandort Oberösterreich, die 8.400 bedrohte Jobs erwartet.
Was die weiteren Chancen der betroffenen MAN-Mitarbeiter am Arbeitsmarkt angeht, so sieht Streicher zwar eine an sich recht gute Lage für diese Berufe, aber bei weitem zu wenige freie Stellen für den Fall einer Unternehmensschließung. Hinzu komme, dass viele potenzielle Arbeitgeber selbst als Zulieferer von der Autoproduktion abhängig sind.
Der oberösterreichische AK-Präsident Johann Kalliauer pochte darauf, der MAN-Belegschaft nach ihrem ablehnenden Votum zur Übernahme des Werks durch Siegfried Wolf "nicht den Schwarzen Peter zuzuspielen". Auch die Diskussion um eine Verstaatlichung halte er für "extrem verkürzt", denn eine staatliche Beteiligung habe nur Sinn, wenn es auch eine Strategie dazu gebe. Aber es wäre "sehr verlockend", das als Anlass zu nehmen, einen Veränderungsprozess anzustoßen, so Kalliauer.