Konjunktur: Fastenzeit ist vorbei
Von Anita Staudacher
Fast unbemerkt, aber doch: Über die Wintermonate stellte die Wirtschaft ihr Wachstum ein. Ebenso rasch wie die Kälte im Februar, scheint diese "Blitz-Rezession" aber wieder abzuziehen. "Es ist wärmer geworden, aber für die Jahreszeit noch zu kalt", versucht sich WIFO-Chef Karl Aiginger als Meteorologe. Nach dem schwachen Jahresbeginn spürt er zwar eine "Frühlingsbrise" und rechnet mit einer deutlichen Wirtschaftsbelebung ab Mitte des Jahres, fürchtet sich gleichzeitig aber vor "den Eismännern in den Pyrenäen und der Schafskälte in Portugal". Gemeint sind die Euro-Krisenländer Spanien und Portugal, die das zarte Pflänzchen Wachstum wieder abwürgen könnten. Trotz Wetterbesserung halten WIFO und IHS daher bei ihren eher pessimistischen Konjunkturprognosen vom Dezember fest. Demnach wird Österreichs Wirtschaft heuer nur 0,4 Prozent (WIFO) bzw. 0,8 Prozent (IHS) wachsen. Für 2013 gehen die Institute aber schon von 1,4 bzw. 1,7 Prozent Wachstum aus. Im Vergleich zur letzten Prognose sei das wirtschaftliche Umfeld günstiger geworden, argumentiert Aiginger.
Als Beispiele nennt er den geordneten Schuldenschnitt in Griechenland, die Liquiditätsspritze der EZB, das Ausbleiben einer Kreditklemme, sinkende Inflation oder die rasche Konjunkturerholung in den USA. "Die Wachstumsimpulse für die nächsten Monate kommen nicht aus China oder Südamerika, sondern aus den USA und Deutschland", ergänzt der scheidende IHS-Chef Bernhard Felderer. Als Risiken blieben jedoch die Euro-Sorgenkinder, der steigende Ölpreis sowie die ungelösten Probleme im Bankensektor und die hohe Staatsverschuldung in der Euro-Zone. Das Sparpaket wirke sich hingegen kaum aus.
Arbeitslosigkeit
Kein Grund für Euphorie gibt es auf dem Arbeitsmarkt. Trotz steigender Beschäftigung wird die Zahl der Arbeitslosen laut WIFO heuer um 18.000 Betroffene zunehmen und auch 2013 weiter leicht ansteigen. "Wir haben eine Verfestigung der Arbeitslosigkeit auf hohem Niveau", so Aiginger. Das liege auch daran, dass Angebot und Nachfrage am Arbeitsmarkt immer weiter auseinanderklaffen. Zunehmende Probleme werde es daher bei den Jugendlichen geben, fürchtet der Experte. Die Inflation soll hingegen heuer auf 2,4 (WIFO) bzw. 2,2 Prozent (IHS) zurückgehen.
Als "positive Überraschung" wertet Felderer, dass die Neuverschuldung 2011 mit 2,6 Prozent des BIP deutlich niedriger ausgefallen ist als erwartet. Die Schätzungen des Finanzministeriums seien wohl zu vorsichtig gewesen. "Wir haben diesen Prognosen ohnehin nicht geglaubt", so Felderer. Für heuer erwartet das IHS 2,9 Prozent Neuverschuldung, das WIFO drei Prozent. "Es gibt aber Abwärtspotenzial", fügt Aiginger hinzu. Wirtschaftskammer und Industriellenvereinigung (IV) betonten am Donnerstag in Aussendungen, dass ihre Konjunktur-Erwartungen für heuer wesentlich optimistischer seien als jene der Wirtschaftsforscher.
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