Wo sind die Frauen?
Von Ulla Grünbacher
In der Finanzbranche arbeiten viele Frauen, vor allem in der Beratung, im Wertpapierhandel und in der Aktienanalyse. Doch bei den Führungskräften sieht es finster aus, hier gibt es immer noch fast ausschließlich Anzugträger. Nur 13 Prozent der leitenden Positionen in Finanzunternehmen sind in Österreich von Frauen besetzt. Damit liegen wir bei einem weltweiten Ranking nur auf Platz 20 von 32 Ländern. Skandinavien verzeichnet die deutlichsten Fortschritte, auch Russland schneidet gut ab. Das ist das Ergebnis der Studie "Women in Financial Services" der Unternehmensberatung Oliver Wyman, für das 850 Mitarbeiter befragt wurden.
Auch die Prognose ist nicht gerade rosig: Ohne bewusst gesetzte Maßnahmen wird der Frauenanteil in der Finanzbranche erst im Jahr 2048 rund 30 Prozent erreichen. Die Gründe dafür liegen in traditionellen Rollenbildern, unflexiblen Arbeitszeiten und zu wenig gesellschaftlicher Unterstützung. "Unsere Befragung zeigt, dass die halbherzige Unterstützung von Familien, intransparente Beförderungsprozesse und Gehaltsstrukturen die Bereiche sind, in denen die Leistungen der Finanzunternehmen als Arbeitgeber hinter den Erwartungen zurückbleiben", sagt Studienautorin Astrid Jäkel. "Zudem erschwert die in Finanzhäusern oft gelebte Präsenzkultur, Familie und Karriere zu vereinbaren."
An Maßnahmen,welche die Entwicklung vorantreiben, mangelt es in einigen Unternehmen nicht. Mentoring-Programme sind in Finanz- und Versicherungsunternehmen wie etwa der Allianz etabliert. In der Erste Bank Group gibt es eine Diversity-Managerin, die dafür sorgt, dass auch Frauen Karriere machen können. Definiertes Ziel ist es, den Frauenanteil im Topmanagement bis zum Jahr 2019 auf 35 Prozent zu steigern. Diese Quote ist im Vorstand der Erste Bank schon seit 2015 erreicht. Mit der Finanz- und Risikovorständin Claudia Höller ist eine von drei Vorständen weiblich. Auch in der Vienna Insurance Group ist der Frauenanteil im Vorstand hoch. Zwei von fünf Mitgliedern sind weiblich. Elisabeth Stadler ist seit Jänner 2016 nicht nur Vorstandsvorsitzende, sondern auch die erste Frau an der Spitze eines ATX-Unternehmens.
Weniger tut sich nach wie vor in den Aufsichtsräten. Der Frauenanteil in den 200 größten österreichischen Unternehmen liegt aktuell bei 17,7 Prozent. In absoluten Zahlen werden nur 307 von insgesamt 1737 Aufsichtsratsmandaten von Frauen ausgeübt, so eine Studie der Arbeiterkammer. Jedes vierte Unternehmen (28,5 Prozent) kommt sowohl in der Geschäftsführung als auch im Aufsichtsrat noch immer ohne Frauen aus und pfeift auf das Potenzial weiblicher Führungskräfte.