Wer hat Angst vorm Aufnahmetest?
Von Andrea Hlinka
Über die Sinnhaftigkeit von Aufnahmeverfahren herrscht Uneinigkeit: Manche meinen, dass dadurch nur jene im Hörsaal sitzen, die das Fach auch ernsthaft studieren wollen. Andere sind überzeugt, dass Aufnahmeverfahren potenzielle Studierende schon von vornherein abschrecken und keineswegs versprechen, dass die Fähigsten zugelassen werden. Von den Kosten dieser Tests mal abgesehen.
Die Wahrheit liegt irgendwo in der Mitte: Klar ist, dass sich den Test nur jene antun, die es ernst meinen. Abschreckend wirken die Tests auf jeden Fall, wie die Ergebnisse aus den Wirtschaftswissenschaften von Anfang August zeigen. An der Wirtschaftsuniversität Wien kamen nur 53 Prozent der Registrierten, an der Uni Klagenfurt 42 Prozent und an der Uni Wien 32 Prozent zum Test. Zuletzt bekamen alle Angetretenen einen Studienplatz.
Nun entscheidet sich Anfang September in den Fächern Psychologie, Publizistik, Biologie, Pharmazie und Ernährungswissenschaften, wer im Studienjahr 2014/’15 an die Universität darf und wer nicht. In diesen Fächern gab es schon vergangenes Jahr Aufnahmetests, da die Zahl der Bewerber die vom Ministerium festgelegte Studienplatzanzahl überschritt. Auch hier kamen weit weniger Bewerber tatsächlich zum Test. Mal sehen, wie es heuer läuft, wie viele sich heuer zum Test trauen.
Die Aufnahmeverfahren finden in den jeweiligen Fächern österreichweit am selben Tag statt (siehe unten). Erstellt werden sie von den Unis: Der Publizistik-Test ist an der Uni Salzburg ein anderer als an der Uni Wien. Psychologie wiederum wird von der Uni Salzburg für alle Unis entwickelt.
Erstmals finden heuer am 1. September auch Eignungstests für angehende Lehramtsstudierende statt – es ist ein Test ohne nennenswerte Auswirkungen. Wer schlecht abschneidet, muss zu einem Gespräch.
500 Studienplätze gibt es für das BA-Psychologiestudium an der Uni Wien. Dem gegenüber stehen 5067 Bewerber. Auch an allen anderen vier öffentlichen Unis (Graz, Innsbruck, Klagenfurt, Salzburg), an denen Psychologie studiert werden kann, gibt es den Aufnahmetest, der zentral von der Uni Salzburg erstellt wurde. Interessant ist, dass sich an allen Unis gesamt betrachtet mehr Österreicher bewerben – aufgenommen werden an vier von fünf Unis jedoch mehr Deutsche.
Das kommt
Alle Fragen sind im Multiple-Choice-Format, die Prüfung dauert etwa drei Stunden. Eine Beispielfrage ist: „Welche der folgenden Aussagen trifft nicht zu?“ a. Die Psychologie beschränkt sich auf die Untersuchung menschlichen Verhaltens und Erlebens. b. Sie ist die wissenschaftliche Untersuchung von Verhalten von Individuen und ihren mentalen Prozessen. c. Das beobachtbare Verhalten ist ein Gegenstand der Psychologie. d. Die Psychologie untersucht Prozesse innerhalb des Menschen als auch im Kontext seines physischen und sozialen Umfeld (richtig ist a).
Das Interesse am Publizistik-Studium ist ungebrochen: 2317 Bewerber wollen am 3. September einen von 1123 BA-Studienplätzen der Uni Wien. Die Universität Salzburg hat 226 Plätze, die Universität Klagenfurt 180 zu vergeben. Die Vergangenheit gibt Grund zur Hoffnung: Vergangenes Jahr haben sich genug Bewerber vom Aufnahmetest abschrecken lassen, sodass am Ende alle Prüflinge einen Platz erhielten.
Das kommt
Eine Beispielfrage lautet: „Welche Probleme weisen Kommunikationsforschungen auf?“ a. Kommunikationswissenschaftler benutzen bei einer Untersuchung genau das, was sie untersuchen wollen, nämlich Kommunikation. b. Akzeptierte Forschungsergebnisse sind nur zu erwarten, wenn die Grundbegriffe so präzise wie möglich geklärt sind. c. Kommunikation ist ein selbstreflexiver Prozess, der immer wieder auf sich selbst Bezug nimmt. d. Kommunikation ist ein komplexer Prozess, dessen Bestandteile miteinander verwoben sind, sich aber nicht gegenseitig bedingen (richtig sind a. und c.)
Das Bachelor-Studium (molekulare) Biologie kann an den Unis Innsbruck, Graz, TU Graz, Salzburg und an der Uni Wien studiert werden. Einen Aufnahmetest für kommendes Studienjahr führen die Unis Wien und Graz und die TU Graz durch. Das Verhältnis Studienplätze:Bewerber klafft hier jedoch bei Weitem nicht so auseinander wie in Psychologie. An der Uni Wien etwa wollen 1664 Studienwerber einen von 1290 Studienplätze. Der Test findet an allen Unis österreichweit am 4. September statt.
Das kommt
Rund 200 Seiten sind als Prüfungsstoff für den Aufnahmetest angegeben: Der Inhalt dreht sich unter anderem um Zellen, um die Evolutionstheorie, um Fortpflanzung – für Biologie-Interessierte sollte das nicht allzu schwierig sein. Wer die von den Unis empfohlene Literatur aufmerksam liest, kann den Test jedenfalls schaffen.
Auch auf den Testbereich „Kognitive Kompetenzen“ kann man sich insofern vorbereiten, als man einige Zahlenfolgen oder Matrizen übt – dann sind sie am Tag der Prüfung zumindest keine Überraschung mehr.
Es gilt als eines der schwierigsten und zeitaufwendigsten Studien: Die Pharmazie. Den Bachelor bieten die Unis Wien, Innsbruck und Graz an – alle drei machen einen Aufnahmetest. An der Universität Wien wollen 1076 Bewerber einen von 686 Studienplätzen, an der Uni Innsbruck haben sich nur insgesamt 297 Studienbewerber für Pharmazie registriert, es gibt immerhin 280 Plätze. An der Uni Graz gibt es 384 Plätze, 556 haben sich angemeldet. Prüfungstermin ist österreichweit am 5. September.
Das kommt
Beim Pharmazie-Test wird Basiswissen aus der Biologie und der Chemie abgefragt – genaue Informationen sind auf den Webseiten der Unis zu finden. Als Beispielfrage ist online dieselbe Frage wie in den Ernährungswissenschaften (siehe rechts) angegeben. Vorsicht: Es werden je Frage mehrere Antwortmöglichkeiten geboten, wobei eine oder mehrere Antworten (aber nie alle) richtig sein können. Wichtig ist, Fragen und Antworten genau zu lesen.
Weitere Beispielfragen waren den Universitäten leider nicht zu entlocken.
Zum zweiten Mal findet heuer der Aufnahmetest in den Ernährungswissenschaften statt. 838 Personen hatten sich vergangenes Jahr zur Prüfung für einen der 698 Plätze an der Universität Wien angemeldet, 382 tauchten dann tatsächlich auf. Heuer stehen wieder 698 Studienplätze an der Universität Wien zur Verfügung, um die am 8. September 1063 Bewerber rittern.
Das kommt
Für den Aufnahmetest an der Uni Wien ist nur eine Beispielfrage online bereitgestellt: „Welche der folgenden organischen Verbindungen werden zu den Kohlenhydraten gezählt?“
Die Antwortmöglichkeiten sind: a. Fette, b. Proteine, c. Stärken, d. Vitamine, e. Zucker. Die richtige Antwort ist in der empfohlenen Literatur zur Vorbereitung zu finden: laut Online-Infoblatt der Uni Wien sollten die Kapitel 1 bis 7 aus dem Buch „Ernährung und Stoffwechsel für das Berufliche Gymnasium“ von Stefan Dörr und Elvira Martin, gepaukt werden (Die Antworten c. und e. sind richtig.). Der zweite und dritte Testteil besteht aus Textverständnis und kognitiven Kompetenzen.