Wirtschaft/Karriere

Mehr Geld für Kampf gegen Arbeitslosigkeit gefordert

„Wir sind im verflixten siebenten Jahr der Finanz- und Wirtschaftskrise und wir sind mit einer Rekorderwerbslosigkeit konfrontiert, die erschreckend ist“, mahnte Caritas-Präsident Michael Landau heute, am Vortag des 1. Mai, bei der Eröffnung der siebenten „Jobmeile“ im Caritas-Lager am Mittersteig in Wien-Margareten.

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In Kooperation mit dem Arbeitsmarktservice (AMS) Wien und der Gemeinde Wien versucht die Wohlfahrtsorganisation, Menschen Zugang zu Erwerbsarbeit zu verschaffen. „Wirtschaft und Politik müssen an einem Strang ziehen und sich deutlich mehr anstrengen, um die Erwerbslosigkeit zu bekämpfen“, so der Caritas-Chef.
„In Zeiten wie diesen brauchen wir mehr Mittel, nicht weniger“, forderte Landau die Zurücknahme der geplanten Streichung von 220 Millionen Euro ab 2017 für Arbeitsmarktpolitik. Heuer ist für Arbeitsmarktförderung noch ein Budget von 1,1 Milliarden Euro vorgesehen, 2016 sind es 1,2 Milliarden Euro - 2018 sollen es nur noch 905 Millionen Euro sein.

Weniger Jobs für gering Qualifizierte

Gering qualifizierte Arbeitskräfte sind bei der Jobsuche extrem benachteiligt. Qualifikation und soziale Kompetenzen seien in Zukunft wichtig, um nicht auf der Strecke zu bleiben, sagte Julia Bock-Schappelwein, Arbeitsmarktexpertein bei Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo). Denn standardisierte Tätigkeiten brechen weg, wodurch viele Beschäftigungsmöglichkeiten verschwinden. Es verbleiben Tätigkeiten mit Kundenkontakt, dafür seien Auftreten und Kommunikationsfähigkeit gefragt. Die Anforderungen stiegen querbeet - nicht nur an die Hochqualifizierten, sondern auch an die Geringqualifizierten. „Früher musste ein Lagerarbeiter vor allem kräftig sein, heute bekommt er den Job ohne Computerkenntnisse wahrscheinlich nicht“, so die Wifo-Expertin.

In den 90er-Jahren habe es zudem auch noch weit mehr Jobs für mittelmäßig qualifizierte Arbeitskräfte gegeben. Seither halbierte sich der Beschäftigtenanteil der reinen Pflichtschulabsolventen; gleichzeitig verdoppelte sich der Beschäftigtenanteil der Hochqualifizierten. „Es ist unerlässlich, im Schulbereich anzusetzen und Rahmenbedingungen zu schaffen, dass Kinder unabhängig vom sozialen Hintergrund entsprechend Chancen in der Schule haben“, ist Bock-Schappelwein überzeugt.
Für die vielen arbeitslosen Erwachsenen wiederum bräuchte Wien ein Sonderpaket für ein Schwerpunktprogramm Qualifizierung (Deutsch lernen und Lehrabschluss nachholen), wünscht sich die Landesgeschäftsführerin des AMS Wien, Petra Draxl, zusätzliche Mittel - in Summe rund 50 Millionen Euro. „Wir brauchen rund 20 Millionen Euro allein für Deutschkurse und gut noch einmal so viel insgesamt“, erläuterte sie. „Wir müssen Mittel in die Hand bekommen, um Menschen in Wien zum Lehrabschluss zu bringen - am Wiener Arbeitsmarkt muss man einfach bestimmte Qualifikationen mitbringen.“

Steigende Arbeitslosigkeit

Österreichweit waren im März 360.212 Menschen (9,4 Prozent) arbeitslos gemeldet, weitere 68.307 waren in Schulungen. „Das sind so viele wie zuletzt in den 60er-Jahren“, betonte Landau. Den insgesamt 428.519 Arbeitssuchenden standen 26.252 offene Stellen gegenüber. Auf jeden verfügbaren Job kommen 16 Stellensuchende, in Wien sind es sogar fast doppelt so viele.

„Wer von 'sozialer Hängematte' spricht, hat von der Lage der Menschen keine Ahnung“, sagte der Caritas-Präsident. Bei längerer Arbeitslosigkeit steige das Verarmungsrisiko dramatisch und das Selbstbewusstsein werde extrem belastet. „Wir haben ein strukturelles Problem - Wirtschaftswachstum allein löst das Problem der strukturellen Arbeitslosigkeit nicht mehr“, betonte Landau.