Frauenquote: Halb(herzig)e Sachen
Von Nicole Thurn
Wenn geht, bitte eine Frau.“ Diesen Satz hören Headhunter und Personalberater von Unternehmen zurzeit immer öfter, wenn es darum geht, Führungspositionen zu besetzen. Nur: Nicht immer geht es.
Dafür gibt es vielerlei Gründe. Nehmen wir den Fall einer österreichischen Headhunterin, die nicht genannt werden will. „Für ein Management-Team von zehn Männern sollte ich einen Posten besetzen“, erzählt sie. Der Kunde wollte ganz klar eine Frau – natürlich eine fähige. „Doch eine Frau in so einen Männerhaufen reinzubringen, wäre für sie unzumutbar gewesen.“ Auf einen Schlag hätte man zwei Frauen finden müssen. Das war nicht möglich. Den Posten bekam also wieder – ein Mann.
„Fast alle Unternehmen wollen heute Frauen für Führungspositionen“, sagt der deutsche Headhunter Heiner Thorborg (siehe Hintergrund). Nicht ohne Grund. Eine aktuelle Studie von Ernst & Young zeigt: Frauen in den Vorständen führen zu mehr Umsatz und Gewinn. Solche Top-Frauen zu finden sei nicht leicht. „Auf der ersten Ebene gibt es kaum Frauen, und auf der zweiten sind sie kaum sichtbar.“ Aber: „Wer sie finden will, findet sie.“ Das Problem: Die Personalberater-Gilde habe sich bis vor Kurzem nicht damit auseinandergesetzt.
Bei Siemens Österreich komplettiert seit Kurzem Eveline Steinberger-Kern die Führungsriege unter Wolfgang Hesoun. „Bei gleicher Qualifikation entscheiden wir uns für die Frau“, sagt Sybille Würthner, Head of CEE HR. Gerade wegen ihrer Führungsqualitäten: „Sie nutzen ihre emotionale Intelligenz besser als Männer, haben mehr Nähe zu den Mitarbeitern. Das war bei Frau Ederer auch klar zu sehen.“ Solange man nicht die kritische Menge an Frauen habe, müsse man mehr auf Frauenförderung achten: „Denn Männer tendieren dazu, Männer einzustellen.“
Die Bank Austria muss nach Vorgabe der Mutter Unicredit bis 2015 ein Drittel der Aufsichtsratsposten mit Frauen besetzen. Man setzt auf Entwicklung: „Unser Fokus liegt auf der entsprechenden Ausbildung und Vorbereitung fachlich geeigneter Frauen“, sagt Elke Berger, die Leiterin des Strategischen HR.
Klarer Trend
Gezielte Nachfrage nach Frauen käme vor allem von US-Konzernen, bestätigt Headhunter Alexander Kail von Stanton Chase. „Da wird gezielt versucht, eine Balance in den Führungsetagen herzustellen, das zieht sich durch alle Branchen und Unternehmen.“ In der Technologiebranche sei der Mangel an top qualifizierten Frauen aber evident, „da ist es schwierig, eine Shortlist mit zwei Männern und zwei Frauen für das Unternehmen zu erstellen, wenn am Markt nur 20 Prozent Frauen sind.“ Bei der Auswahl müsse immer die Qualifikation gegeben sein. Daran würde eine Quote nichts ändern.
Charlotte Eblinger, Geschäftsführerin der Personalberatung Eblinger & Partner, hört keinen allgemeinen Ruf nach mehr Weiblichkeit. „Unternehmen fragen aber immer wieder nach Frauen – oft aus Imagegründen.“ Firmen gerieten zunehmend unter Druck, über das Frauenthema zu diskutieren. Was sie am Ende tun, sei aber noch ihre freie Entscheidung. Und: „Wenn Unternehmen keine Frauen für eine bestimmte Position wollen, werden sie immer Gründe finden.“ Eblinger ist daher auch klar für die Frauenquote – „man nimmt Frauen sowieso nur bei gleicher Qualifikation. Und wenn wir eine Frau finden sollen, finden wir sie auch.“
Gleichstellung: Frauenquote bald EU-weit?
Justizkommissarin Viviane Reding reicht es. Nachdem gescheitert ist, die Konzerne in der EU per Selbstverpflichtung zu einem höheren Frauenanteil zu bewegen – nur 24 Firmen haben unterzeichnet – droht Reding nun mit einer Frauenquote. Am Montag sagte sie, das Beispiel Italien und Frankreich zeige: „Wenn es eine legislative Maßnahme gibt, dann geht etwas weiter.“ Bis Ende Mai können Firmen noch Stellung nehmen, dann will die Kommission Maßnahmen vorschlagen. Unterstützung erhält Reding von EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier. Der Frauenanteil bei Vorständen beträgt in der EU zwölf Prozent. In Norwegen, Spanien, Frankreich, Island und Italien gibt es gesetzliche Vorgaben für Konzerne. Schweden, Belgien und die Niederlande arbeiten derzeit Gesetze aus.
-
Hintergrund
-
Hintergrund