Wirtschaft/Karriere

Zu schnell, zu viel gleichzeitig

Das Europäische Forum Alpbach wird jünger. Das hat mit einer veränderten Einladungstaktik zu tun und einer besseren Themensetzung: im Programmheft des wichtigsten Think Tanks des Landes finden sich auffallend oft Themen zur neuen Generation, Digitalisierung und Innovation.

"Je mehr gelacht wird, desto besser ist die Arbeit. Fun is a high performance fuel.“


Anitra Eggler, Autorin und Unternehmerin

Bei den Wirtschaftsgesprächen am Mittwoch diskutierte die Runde im Panel von SAP über die Auswirkungen der Digitalisierung auf die Lebens- und Arbeitsweise der Menschen. Buchautorin und Unternehmerin Anitra Eggler kritisierte die Sofortness und ASAPness und hält den Trend zum Multitasking – „man sitzt vor dem Computer, hat 35 Fenster gleichzeitig offen und am Ende des Tages nichts weitergebracht“ – für problematisch. In ihrem Unternehmen fördere sie eine konzentrierte (keine Handys in Meetings) und offene Kultur, die Innovation fördere. „Je mehr in den Teams gelacht wird, je lauter und lockerer die Atmosphäre, desto besser wird gearbeitet“, erklärt Eggler, denn „fun is a high performance fuel“. Als Chefin sehe sie sich nicht als Aufpasserin, sondern als eine, die Fehler auch zulassen kann und nur dann eingreift, wenn’s wirklich eng wird.

„Es braucht eine bessere Kanalisierung der Energie, wieder mehr Qualität in der Kommunikation.“


Gerhard Zeiner COO bei SAP

Für SAP-COO Gerhard Zeiner liegt die größte Veränderung in unserem Kommunikationsverhalten. Das sei inflationär geworden, mit Tools wie Facebook, Whats-App und diversen Chat-Programmen völlig aus den Ufern gelaufen. Zeiner wünscht sich „eine bessere Kanalisierung der Energie, mehr Qualität und Tiefgang“. In seinem Unternehmen werden, um der Arbeitsweise der Jungen gerecht zu werden und um Innovation zu fördern, regelmäßig sogenannte „Inno-Jams“ in Kooperation mit Universitäten und FH veranstaltet, bei denen sich Studierende in spielerischem Umfeld über Problemstellungen den Kopf zerbrechen.

„Positionen und Hierarchien werden hinterfragt. Autorität ist kein zentraler Faktor mehr.“


Wolfgang Anzengruber Vorstand Verbund

Verbund-Chef Wolfgang Anzengruber sieht keine dramatische Veränderung im Menschen. „Alle Generationen wollten Fun, alle wollen Erfolg und Output“, sagt er. Die Jungen hätten jedoch anderen Ansätze, anderen Werte, seien neuen Technologien gegenüber aufgeschlossener. Organisationen würden sich verändern: Positionen, Funktionen und Hierarchien würden zunehmend hinterfragt werden, Autorität sei kein zentraler Faktor mehr. Anzengruber ortet mehr Schnelligkeit und Gleichzeitigkeit – alles Auswüchse, die sich mit der Zeit aber von selbst korrigieren würden. Im Geschäftsleben müsse es „am Ende des Tages zu Entscheidungen kommen, die kann einem keine Maschine abnehmen.“

„25 Prozent können nicht sinnerfassend lesen – denen ist die digitale Revolution völlig wurscht.“


Werner Gruber Physiker und Autor

Physiker und Sciencebuster Werner Gruber erklärte, man müsse erst lernen, die neuen Technologien zu nutzen. „Das Gehirn ist seit tausend Jahren, wie es ist, das verändert sich nicht innerhalb von fünf Jahren großartig.“ Es sei egal, ob Wissen in Büchern oder digitalen Geräten niedergeschrieben steht. Entscheidend sei, dieses Wissen anwenden zu können. Hier sieht er Defizite: „25 Prozent der Österreicher können nicht sinnerfassend lesen – denen ist die digitale Revolution völlig wurscht.“ Er empfiehlt Auszeiten zum Nachdenken: man müsse sich aus dem schnellen Wahnsinn regelmäßig ausklinken, ein Mal pro Woche Ruhe im Home-Office finden oder auf längeren Zugfahrten einmal keinen Laptop aufklappen. Sein Tipp für Unternehmen: „Eine ordentliche Kaffeemaschine, bei der sich die Menschen treffen und miteinander reden. Da geht inhaltlich am meisten weiter.“