Wirtschaft/Karriere

Elisabeth Gürtler: „Hätte nichts anders gemacht“

Im Büro von Elisabeth Gürtler in der Spanischen Hofreitschule ist alles aufeinander abgestimmt – Wände, Sofa und Tischdecke in Lachsrosa und wo man hinsieht, Pferde. Auf den Bildern, als Statuen, auch in der ausgedruckten Statistik geht es um sie. „Die Zahlen sehen gut aus“, sagt Geschäftsführer Erwin Klissenbauer lächelnd. Er und Gürtler, seit elf Jahren Führungs-Duo des 453 Jahre alten Hauses, gehen ab 2019 getrennte Wege. Ein Rück- und ein Ausblick.

KURIER: Der Leitsatz der Hofreitschule lautet: Wo Werte der Vergangenheit mit der Leidenschaft der Gegenwart verschmelzen. Wie führt man ein 453 Jahre altes Haus ins 21. Jahrhundert?

Elisabeth Gürtler: Was jedenfalls nichts mit Zeitgeist zu tun hat, ist die Reiterei. Die ist gleich geblieben. Es gibt Grundsätze, wie das Pferd ausgebildet wird, ein Reiter sitzen soll, eine Pirouette ausschaut. Das andere ist: wie verpackt und verkauft man das? Das hat sich natürlich verändert. Die Leute erwarten heute, dass ihr Blick geführt wird, Emotionen geschaffen werden. Früher gab es einen Luster als Beleuchtung und das war’s.

Erwin Klissenbauer: Bei meinem ersten Besuch in der Spanischen hab ich nur Verbote gehört: Man darf nicht fotografieren, nicht sprechen – unpersönlicher ging es nicht. Das haben wir komplett verändert.

Der Spagat zwischen Tradition und Moderne ist Ihnen gelungen?

Erwin Klissenbauer: Der Gast will natürlich schon etwas erleben, das Teil der Vergangenheit ist: das imperiale Wien. Dass Modernes im Hintergrund passiert, sollte für ihn nicht sichtbar sein.

Sie haben vor elf Jahren gemeinsam die Führung übernommen. Frau Gürtler, Sie waren die allererste Frau in dieser Position. Was haben Sie bei Ihrem Antritt gedacht?

Elisabeth Gürtler: Gedacht hab ich mir nicht sehr viel (lacht). Ich kenne die früheren Leiter der Spanischen Hofreitschule, vom Podhajsky über Handler und Albrecht, das waren Militärs. Da hat hier natürlich ein anderer Ton geherrscht, es ging sehr schroff zu. Dann kam die Ära der Tierärzte, der Ton wurde wieder anders. Man denkt eigentlich nur darüber nach, warum man selbst gerufen wird – das war sicher in erster Linie die finanzielle Situation. Mit der Zeit fällt einem natürlich auf, was man ändern möchte: die Optik, die Höflichkeit dem Zuseher gegenüber, die Korrektheit des Reitens. Nach einer gewissen Zeit hat man einiges verändert – was mir aufgefallen ist, habe ich für mich abgearbeitet. Es ist vielleicht gut, wenn jetzt jemand Neuer kommt. Der sieht das mit neuen Augen.

Die wohl größte Veränderung Ihrer Ära war, dass die "Spanische" für weibliche Reiterinnen geöffnet wurde. Das kam nicht überall gut an.

Erwin Klissenbauer: Die Öffentlichkeit hat das sehr begrüßt. Hausintern war Neugierde da, bei wenigen eine ablehnende Haltung. Rückblickend war es eine völlig richtige und logische Entscheidung: Es sollten die Besten reinkommen.
Elisabeth Gürtler: Es hat den Ton in der Reitbahn verändert. Wenn nur Männer beisammensitzen, reden sie anders, als wenn ein junges Mädchen dabei sitzt. Da beherrschen Sie sich ein bisschen mit deftigen Ausdrücken, es geht gesitteter zu. Frauen begegnen Pferden zudem mit mehr Emotionen, was dem Pferd sicher guttut.

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Sie haben einmal gesagt, Sie hätten die Hofreitschule nicht zu einem florierenden aber weniger defizitären Betrieb gemacht.

Elisabeth Gürtler: Das könnte man heute immer noch so sagen.

Erwin Klissenbauer: Wir sind ein Kultur- und Zuchtbetrieb, kein Wirtschaftsunternehmen, von dem man Dividende erwartet. Wir sind sehr stolz darauf, dass wir es geschafft haben, die Eigendeckung auf ein Niveau zu bringen, das 90 Prozent beträgt. In ganz Wien, vielleicht in ganz Österreich, sind wir da beispielgebend.

Sie haben viel erneuert, ein striktes Kostenmanagement eingeführt, die Reiter haben neue Gehaltsschemata. Wie ist Ihr Führungsstil?

Elisabeth Gürtler: Management by Exception. Ich lasse arbeiten und mische mich erst ein, wenn etwas nicht klappt oder neu zu machen ist.

Erwin Klissenbauer: Ich mache klare Zielvorgaben. Kommunikation und Zuhören gehören für mich zu den wichtigsten Aufgaben, dazu gehört auch hohe Wertschätzung für meine Mitarbeiter.

Rückblickend betrachtet: Was hätten Sie gerne anders gemacht?

Erwin Klissenbauer: An den großen Linien würde ich nichts ändern. Vielleicht würde ich da oder dort im Detail etwas anders machen.

Elisabeth Gürtler: Eigentlich nichts.

Wie ist die Bilanz Ihrer Zusammenarbeit?

Elisabeth Gürtler: Ich glaube, wir haben uns wunderbar ergänzt. Wir arbeiten sehr unterschiedlich.

Wie war die Rollenverteilung?

Elisabeth Gürtler: Ich bin sehr spontan, habe oft zu viele wunderbare Ideen. Aber die müssen auch umgesetzt werden. Den Call to Order hat dann Herr Klissenbauer.

Erwin Klissenbauer: Ich bin der genaue Umsetzer. Bei der Dressur kann Frau Gürtler aber kein Reiter etwas vormachen. Auch die Öffentlichkeitsarbeit hat sie komplett verändert.

Elisabeth Gürtler: Wir haben 2010 mit dem Fundraising-Dinner gestartet und haben 60 Tische für je 5000 Euro verkauft. Jetzt gibt es Compliance-Regelungen, da geht so etwas nicht mehr. Aber das Dinner hat eine Öffnung gebracht. Plötzlich haben auch Leute auf die Spanische geschaut, die sich nicht für Pferde interessierten.

Sie haben die Event-Schiene komplett neu aufgebaut. Für 2019 gibt es allerdings keinen Fête Impériale-Termin. Wird es ohne Sie keine geben?

Elisabeth Gürtler: Es scheint gerade so viel Nachfrage nach der Fête zu geben. Ich weiß nicht, mit wem Herr Klissenbauer künftig arbeiten wird. Vielleicht gibt es dann wieder eine.

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Ihre beiden Verträge wurden erst vor einem Jahr verlängert. Warum, Frau Gürtler, verlassen Sie diese Position zum Jahresende?

Elisabeth Gürtler: Ich habe schon vor drei Jahren zu unserem Aufsichtsratsvorsitzenden gesagt, dass ich das nicht mehr mit voller Intensität machen kann. Meine Mutter ist 2014 gestorben, 2015 war die Teilung unseres elterlichen Betriebes. Ich bin, was die Führung meines Unternehmens (Astoria Resort in Seefeld, Anm.) betrifft, eine One-Woman-Show. Das kostet sehr viel Zeit. Ich habe versucht, beides zu vereinbaren, habe aber gesehen, dass das mit der Spanischen nicht vereinbar ist.

Was bedeutet es für die "Spanische", wenn ein so bekannter Name aus der Führung ausscheidet?

Elisabeth Gürtler: Es kommt ein anderer Name nach. Der Betrieb wird hervorragend weitergehen, weil es Kontinuität gibt. Das Schlimmste ist, wenn alles neu ist.

Erwin Klissenbauer: Es gibt eine Kontinuität aber auch eine Neugierde auf neuen Input.

Was werden Sie an diesem Job vermissen?

Elisabeth Gürtler: Die Pferde. Ich träume davon, sie in einer anderen Form betreuen zu können.

An Ruhestand ist nicht zu denken?

Elisabeth Gürtler: Nein. Ich kenne viele, die aufstehen und nicht wissen, was passieren soll. Ich glaube, das macht unleidlich, vielleicht auch depressiv. Man muss Ziele haben.

Die Ausschreibung für Ihren Nachfolger lief bis 4. Dezember. Gibt es schon einen neuen Namen?

Erwin Klissenbauer: Die Entscheidung treffen der Eigentümer und der Aufsichtsrat. Der Zeitpunkt ist noch nicht da.

Elisabeth Gürtler: Es geht auch weiter, wenn Herr Klissenbauer es eine Zeit lang alleine machen sollte. Es gibt ohne mich auch kein Vakuum.

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