Wirtschaft/Karriere

Eine Uni für Flüchtlinge: Die Kiron University in Berlin

Kirollos und Andrew waren in Kairo Studenten. Jetzt sind beide Flüchtlinge in Berlin. Nichts lieber wollen sie als weiter zu studieren. Doch das ist für Flüchtlinge in den meisten Ländern schwierig. Denn ohne Nachweise und Dokumente – die viele Flüchtlinge nicht retten konnten – ist es schwierig an einer Universität zugelassen zu werden.

"Ich habe in der psychosozialen Beratung für Flüchtlinge in Berlin selber miterlebt, dass unter diesen Menschen extrem viele clevere, junge und talentierte Menschen sind, deren sehnlichster Wunsch es ist das Studium fortzusetzen oder ein Neues Studium anzufangen", sagt Markus Keßler. Gemeinsam mit einem Freund, Vincent Zimmer, fand er ohne lange zu fackeln, die Lösung für das Problem: Die Kiron University. Die Vision: "Die Zugangshürden zur Hochschulbildung für Flüchtlinge zu eliminieren. Wir möchten eine Universität schaffen, die Flüchtlingen Hoffnung auf eine bessere Zukunft durch Bildung ermöglicht – unabhängig von ihren fehlenden Dokumenten." Zudem kostenlos und von überall auf der Welt zugänglich.

Zum Einschreiben an der Kiron University braucht man nicht einmal einen Reisepass. Erst nach zwei Jahren Studium – sie können zwischen den Studienrichtungen Informatik, Ingenieurwesen, Betriebswirtschaft, Architektur und Kulturwissenschaften wählen – müssen die Flüchtlinge alle notwendigen Dokumente nachreichen. Denn dann wechseln die Studierende an eine herkömmliche Hochschule. Mehr als 15 Universitäten haben sich bereits als Partner-Unis erklärt.

In den beiden Jahren davor studieren sie mittels Online-Kursen, sogenannten Massive Open Online Courses (Moocs), die von renommierten Universitäten wie Stanford, Harvard oder Yale, angeboten werden. Sie werden begleitet und betreut, können in dieser Zeit, in der sie sonst untätig herumsäßen, studieren, Deutsch lernen und die Nachweise besorgen beziehungsweise nachholen.

Eine halbe Million Euro

Seit dem Start der Planung des Projekts haben sich 15.000 potenzielle Studierende bei der Kiron University gemeldet. Pro Student und Bachelor-Studium beraumen die Gründer 1200 Euro an. Woher das Geld kommen soll? Über Crowdfunding.

Am Mittwochabend ging die Crowdfunding Kampagne zu Ende: 536.679 Euro haben Unterstützer seit Anfang September gespendet. Wie brisant das Thema ist zeigt die Tatsache, dass noch nie zuvor mehr Geld für ein Crowdfunding-Projekt in Deutschland auf einer deutschen Plattform gesammelt wurde. "Es freut uns natürlich sehr, dass so eine hohe Summe erreicht werden konnte", sagt eine Sprecherin von der Crowdfunding-Plattform startnext.com.

10.000 Studierende will man nächstes Jahr bereits haben. "Wir könnten jetzt schon bei 100.000 sein, wenn wir wollten", sagt einer der Gründer in einem Interview mit der dpa (Deutsche Presse-Agentur).

Immerhin haben im Oktober bereits die ersten Flüchtlinge mit dem Studium an der Kiron University begonnen. Wie gut der Übergang an eine der herkömmlichen Unis in zwei Jahren funktioniert, wird sich dann herausstellen. Sicher ist aber schon jetzt, dass die Kiron University Tausenden jungen Menschen einen Ausweg aus der Ungewissheit gibt und neue Perspektiven und Hoffnung.