"Die Realität ist: Bildung kostet etwas"
Er sieht das österreichische Uni-System mit den Augen eines US-Amerikaners: Robert Clark hält Studienbeiträge von mehreren Zehntausend Dollar für vertretbar - auch, weil sich viele Studenten dann mehr Mühe geben würden als bei einem Gratis-Studium. Der Dekan der School of Engineering and Applied Sciences an der University of Rochester sitzt im Forschungsbeirat des Austrian Institute of Technology.
KURIER: Angenommen, ich würde gerne an Ihrer Universität studieren. Was würde mich das kosten?
Robert Clark: Die Studiengebühren sind in Amerika sehr hoch, die Studenten müssen praktisch die gesamten Kosten übernehmen. An privaten Unis liegen die Studiengebühren meist zwischen 30.000 und 40.000 US-Dollar pro Jahr. Bei uns kostet es rund 40.000 Dollar pro Jahr. Bei den öffentlichen Institutionen ist es so, dass Studenten aus dem betreffenden Staat geringere Studiengebühren zahlen müssen, weil ihre Eltern die Uni über ihre Steuern mitfinanzieren.
In Österreich wird über 1000 Euro pro Jahr debattiert. Verstehen Sie das?
Ich kann diese Perspektiven nachvollziehen. Ich selbst war an einer öffentlichen Uni, Virginia Tech. Meine Familie hatte begrenzte finanzielle Möglichkeiten, es war also wichtig, dass die Bildung leistbar ist. Die Realität ist: Bildung kostet etwas. Die Frage ist, wie man sie finanziert: Erhöht man die Steuern? Erhöht man die Studiengebühren? Wir sehen in den USA, dass die öffentlichen Institutionen Probleme haben, weil die meisten Staaten unter der Finanzkrise gelitten haben. Die Regierung kann sich die Bildung nicht mehr so einfach leisten. Kalifornien beispielsweise hat eines der weltweit besten Systeme an öffentlichen Unis, aber die Unis stehen unter gewaltigem finanziellen Druck. Die Gehälter wurden nicht angehoben, manche Mitarbeiter wurden freigestellt, um Geld zu sparen.
Was halten Sie davon, dass sich Studenten für das Studium in Schulden stürzen?
Ich war 16 Jahre an der Duke University, einer großen privaten Uni. Dort hatte ich einen Studenten, der einen Kredit für die 40.000 Dollar Studiengebühren aufgenommen hat. Er hatte das Gefühl, dass die Bildung, die er dafür bekommen würde, das wert sei. Er hat zwei Abschlüsse gemacht statt einem - und hat statt vier Kursen pro Semester fünf gemacht. Er wollte so viel für sein Geld bekommen wie möglich. Der Punkt ist: Eine gewisse finanzielle Last für die eigene Bildung zu tragen, ist gar nicht so schlecht. Man weiß es dann etwas mehr zu schätzen. Was gratis ist, wissen wir oft nicht so sehr zu schätzen wie etwas, wofür wir zahlen müssen. Das habe ich schon bei einigen Studenten gesehen.
Was halten Sie davon, dass jeder in Österreich studieren kann, was er will?
Bei uns müssen alle Studenten standardisierte Tests absolvieren, dazu kommen auch der Notendurchschnitt aus der Schule, sportliches Engagement oder
Freiwilligen-Arbeit. Das zählt alles bei der Aufnahme. Wir haben klare Anforderungen, die je nach Studium unterschiedlich sind. Wir müssen sicherstellen, dass die Studenten auch für das Studium geeignet sind, damit wir ein gewisses Niveau bei der Ausbildung sicherstellen können. Jede Uni hat wesentlich mehr Bewerber, als sie aufnehmen kann. Wir haben ungefähr 14.000 Bewerbungen für etwa 1000 Studienplätze. Der Wettbewerb ist groß. Die Studenten melden sich an mehreren Unis an.
Das heißt, es gibt Universitäten, die für die meisten Studenten "Plan A" sind, und dann solche, die nur als "B" oder "C" infrage kommen?
Genau, es gibt sozusagen eine echte "Hackordnung" bei den Unis. Es ist wichtig, an welche Uni man geht - aber genauso wichtig ist, was man im Studium erreicht.
Steigert der Abschluss an einer namhaften Universität die Jobchancen?
Wir haben ein paar Rankings, die die öffentliche Wahrnehmung dominieren. Ich glaube, dass es nicht so wichtig ist, genau zu ermitteln, wer Nummer eins, Nummer zwei und so weiter ist. Besser wäre es, Blöcke zu bestimmen: Die besten 40, die zweitbesten 40 etc. Der Name der Uni kann einem Absolventen zu signifikant besseren Jobchancen verhelfen. Der zweite Faktor ist, wie gut man sich im Studium geschlagen hat. Wenn Sie lauter gute Noten haben, wissen die Leute, dass Sie sich angestrengt haben.
Robert Clark: Zwischen NY und Wien
Zur Person Robert Clark ist seit 2008 Dekan der School of Engineering and Applied Sciences an der University of Rochester, einer Privatuniversität im Bundesstaat New York. Clarks Connection zu Österreich: Er ist im Forschungsbeirat des Austrian Institute of Technology, der größten außeruniversitären Forschungseinrichtung.
Zum Institut Gesellschafter des Austrian Institute of Technology sind die Republik Österreich (Verkehrsministerium) und der Verein zur Förderung von Forschung und Innovation (Industriellenvereinigung). Mehr als 1100 MitarbeiterInnen forschen in ganz Österreich.
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