Wirtschaft/Karriere

Boulderhallen-Boom: Der Aufstieg des Kreide-Beutels

Kreide bedeckt ihre Finger, Trinkflasche und Chalk-Bag liegt in sicherem Abstand auf den dicken Matten der Boulderhalle. Die Profi- und Neo-BoulderInnen erklimmen die schrägen Wände auf den bunten, unförmigen Steinen – oder versuchen es zumindest. Wie bei Corona und Fußball werden auch hier Umstehende zu ExpertInnen. Man hilft einander, grübelt gemeinsam, wo der nächste Griff oder Tritt gesetzt werden soll.

Von der Nische zur Masse

Was früher ein Nischen-Sport war, ist heute massentaugliche After-Work-Unterhaltung in hipper Atmosphäre. Das Bouldern hält Einzug im Stadtgebiet und außerhalb. Praktisch im Jahrestakt eröffnen mehr Boulderhallen. Die „Boulderbar“ etwa eröffnet neben dem Standort in Salzburg heuer bereits den vierten in Wien. Im kommenden Jahr folgt der nächste in Leonding, Oberösterreich. Die Brüder Christian und Simon Götting haben die Boulderhalle „Blockfabrik“ in Wien 2017 eröffnet. Auch hier floriert das Geschäft, die Halle wird von BesucherInnen extrem gut angenommen. „Wir sind beide leidenschaftliche Outdoor-Kletterer und haben uns damit einen Traum erfüllt“, erklärt Christian Götting dem KURIER.

Kein Ende in Sicht

Die Hallenbetreiber, die allesamt selber leidenschaftliche Kletterer sind, wissen, die Luft wird dünner, gedeckt ist der Markt aber noch nicht. Die Blockfabrik und die Boulderbars treffen den Nerv der Zeit. Die Boulderbar mit ihren vier Standorten zählt bis heute rund 100.000 Erstanmeldungen. Die Blockfabrik zirka 40.000. „Das ist schon sehr viel aber es ist noch immer Potenzial da,“ erklärt Götting. „Bei zweieinhalb Millionen Menschen in Wien und Umgebung, ist noch viel Luft nach oben“, sagt der Geschäftsführer der Boulderbar Bernhard Kerschbaumer. „Der Boom wird wohl erst in den nächsten fünf bis zehn Jahren seinen Höhepunkt erreichen.“

Aber wer sind die Menschen, die die schrägen Wände stürmen?

Zielgruppe sind 18 bis 35-Jährige, häufig grünorientiert, umwelt- und gesundheitsbewusst, die sich nach der Arbeit auspowern. „Sie kommen wegen der Community, dem gemeinsamen Klettern und dem Fitnessgedanken. Es macht den Jungen mehr Spaß, hier fit zu werden, als alleine im Fitnessstudio,“ sagt Claus Candido, Mitgesellschafter der Boulderbar.

Zeitgeist

Freilich erklärt sich der Hype aus dem Fitnesstrend der vergangenen Jahre. Dennoch, das gemeinsame Bier, das in den hippen Gastrobereichen der Boulderhallen getrunken wird, ist mit ein Teil des Erfolgskonzepts der neuen Fitnesstempel. Hier wird Kundenbindung durch Community-Pflege generiert. „Wir sind nicht ersetzbar. Man kommt wegen uns, wegen der Menschen her“, erklärt Kerschbaumer.