Italien: Kleiner Schritt weg vom Desaster
Von Christine Klafl
Italien konnte am Donnerstag einen winzigen Schritt weg vom Abgrund vermelden: Das Land fand Käufer für neue Staatsanleihen im Wert von fünf Milliarden Euro. Der Zinssatz für die Papiere mit einer Laufzeit von einem Jahr: knapp 6,1 Prozent. Vor einem Monat musste Italien gerade einmal 3,57 Prozent für einjährige Papiere zahlen. Aber immerhin: Vom Rekordwert von 7,5 Prozent, auf den die Renditen italienischer Staatsanleihen (mit zehn Jahren Laufzeit) am Mittwoch stiegen, war die Neuemission ein Stück entfernt.
Was steckt hinter der jüngsten Explosion der Renditen? Ganz einfach ein Ausverkauf von italienischen Staatspapieren. Großanleger wie Banken oder Versicherungen werfen diese Papiere in Massen auf den Markt, weil sie nicht noch größere Verluste damit erleiden wollen. Diese Verkäufe drücken massiv auf die Anleihenkurse und lassen die Renditen hochschnellen. Und das, obwohl die Europäische Zentralbank (EZB) italienische Papiere aufkauft. So viel kann die EZB scheinbar gar nicht auffangen.
Italien sitzt auf einem Schuldenberg von 1911 Milliarden Euro oder 120 Prozent der Wirtschaftsleistung. Alle paar Tage laufen alte Anleihen ab und müssen neu finanziert werden. 2012 muss sich Italien mehr als 300 Milliarden Euro beschaffen, um ablaufende Anleihen zu tilgen. Dazu kommt noch, was Italien an Neuverschuldung braucht. Kernpunkt dabei ist, welche Zinsen dafür anfallen.
Sieben Prozent für frisches Geld kann sich ein Land, das im kommenden Jahr eine Wirtschaftswachstum von gerade einmal 0,1 Prozent vorweisen wird, nicht lange leisten.
Berlusconi-Nachfolge
Mit einem Abgang von Ministerpräsident Berlusconi wird der Schuldenberg zwar nicht schlagartig kleiner. Längst versprochene Reformen könnten aber doch rascher kommen. Derzeit gilt Mario Monti als aussichtsreichster Berlusconi-Nachfolger. Der 68-jährige Ökonomieprofessor war 1995 bis 2004 als EU-Kommissar zuerst für den Binnenmarkt, dann für den Wettbewerb zuständig. Sein Spitzname aus dieser Zeit: "italienischer Preuße" - ein Gegenkonzept zum jetzigen Party-Premier.
Anleihen: Wenn die Kurse verrückt spielen
Zinsen Verschulden sich Staaten, geschieht das über die Ausgabe von Staatsanleihen. Für eine bestimmte Laufzeit wird ein Zinssatz festgelegt, den die Anleger jährlich ausgeschüttet bekommen. Am Ende der Laufzeit bekommt der Anleger das verborgte Geld zurück.
Kurse Auch Staatsanleihen sind Wertpapiere, die auf dem so genannten Sekundärmarkt (Anleihenbörse) gehandelt werden. Ist die Nachfrage sehr groß, steigen die Kurse. Wird überwiegend verkauft, wie etwa bei italienischen Papieren, geht es mit den Kursen abwärts.
Renditen Eine Anleihe wird z.B. zu einem Kurs von 100 Euro ausgegeben, der Zinssatz macht fünf Prozent aus. Fünf Euro Zinsen für 100 Euro Einsatz bedeuten fünf Prozent Rendite. Anleger, die die Anleihe nach einem Kursverfall z.B. für 90 Euro kaufen, bekommen dennoch fünf Euro Zinsen. Ihre Rendite ist also höher. Bei der nächsten Emission muss der betreffende Staat höhere Zinsen bieten, sonst bliebe er auf den Papieren sitzen.
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