Wirtschaft/Immo

Tausendundein Faden: Die ausgefallendsten Teppichtrends

„Gib mir einen Teppich und einen Stuhl, dann kann ich wohnen“, Ali Rahimi zitiert ein altes persisches Sprichwort, während er durch seinem Schauraum in der Spiegelgasse im ersten Wiener Bezirk geht. Über 2.000 Teppiche sind hier in allen Ecken des Palais zu sehen – gestapelt, am Boden ausgebreitet oder als Kunstwerk an die Wand gehängt. Die Muster reichen von klassisch, neoklassisch und modernen Interpretationen des Perserteppichs von Jan Kath sowie Entwürfe namhafter Designer wie Vivienne Westwood oder Paul Smith.

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Wohn- und Wohlgefühl

Rahimi: „Die Teppich-Nachfrage ist in den vergangenen 15 Jahren wieder gestiegen. Die Menschen spüren – abgesehen vom positiven Akustik-Effekt – dass der Teppich ein wohliges Gefühl auslöst.“ Das sei schließlich sein Urzweck. Nicht umsonst entstand der Teppich, um den Nomaden als Zeltunterlage zu dienen – und damit Wohlgefühl zu schaffen und Raum abzugrenzen.

Diese Funktionen haben auch in modernen Wohnbauten nicht an Bedeutung verloren. Das bestätigt Innenarchitektin Anke Stern: „Wohnungen werden immer kleiner und Teppiche bieten die Möglichkeiten, Zonen zu schaffen.“

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Farben definieren Stimmung

„Für eine entspannende Loungezone wähle ich ruhige Töne. Ein Feld, auf dem Kinder spielen, darf dafür knallig sein“, so Stern. Aktuelle Farbtrends seien bei Teppichen übrigens kaum relevant. Wichtig sei, bereits bestehende Farbkonzepte zu ergänzen oder hervorzuheben. Trotzdem erkennt Gabriele Prem, Eigentümerin des Wiener Raumausstatters Ligés, einen starken Trend zu Rosa, Lachs und Koralle, sowie Grau- und Schlammtönen.

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Wilder Mustermix

„Mit Mustern sollen die Sehgewohnheiten verfremdet werden, indem auf dem Boden etwas platziert wird, das überrascht“, sagt Stern. Konkret sind das Fotoprints von üppigen Blumenbouquets oder grafische, sehr geradlinige Muster und Halbkreise. Als absoluten Megatrend sieht die Expertin auch Interpretationen des Weltalls – dafür hat der Dschungel definitiv ausgedient: „Das kann keiner mehr sehen.“

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Wandteppiche und Betthäupter

Doch nicht nur Farben und Muster sind im stetigen Wandel, auch der Einsatzort der Teppiche verändert sich. So werden optische und handwerkliche Meisterstücke der Designer mit einer tatsächlichen „Höherstellung“ belohnt. „Der Teppich wandert dann aus der Funktions- in die Kunstebene und wird an die Wand gehängt“, erklärt Stern. Teppiche werden auch als Unterlage auf Holzbänken oder statt dem Betthaupt eingesetzt.

Apropos Höhe: Hochflor hat ausgedient. Gabriele Prem: „Die Zeit des 4 bis 5 Zentimeter hohen Flors ist vorbei. Niederflor ist Trend. Das hat auch praktische Gründe, denn „bei einem Zentimeter Höhe können auch Möbel noch gut bewegt werden.“

Knüpfen versus Weben

Die Basis der Teppichkunst liegt im Knüpfen und Weben. Teppichdesignerin Hamideh Jafari von Nov24 erklärt den Unterschied: Knüpfen ist aufwendiger. Ein feiner Perserteppich mit 6 Quadratmetern kann bis zu 5 Monate Arbeit in Anspruch nehmen. Dafür können viele Muster eingearbeitet werden. Die Knüpfer orientieren sich an einem Millimeterpapier. Ein handgewebter Teppich (Kelim) wird in einem Monat gefertigt. Bei Nomaden-Kelims wird nicht nach Vorlage gearbeitet, sondern frei gewebt.

Mit der Aufwertung des Handwerks geht der Ruf nach Naturmaterialien einher. „Der Teppich ist ein Naturprodukt, bei dessen Entsorgung keine Schadstoffe entstehen,“ so Rahimi. Designerin Jafari ergänzt: „Im Iran ist dieses Handwerk geschützt. Nur Wolle und Seide dürfen zu einem Teppich verarbeitet werden.“

Schöne, aber teure Wertanlage

Doch diese Qualität hat ihren Preis. Teppichhändler Rahimi: „Ein 6 Quadratmeter Teppich aus reiner Schurwolle beginnt bei 2.500 Euro.“ Entwürfe von namhaften Designern wie Vivienne Westwood, oder Jan Kath beginnen ab 8.000 Euro. Diese Preise bringen dann wohl viele wieder auf den (Teppich-)Boden der Tatsachen zurück. Allerdings sind die Stücke auch eine schöne Wertanlage.

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