Schätze in alten Mauern: 150 Jahre alte Zeitkapsel in Stift entdeckt
Von Ulla Grünbacher
In 80 Meter Höhe unter 200 kg schweren Eisenkreuzen war sie versteckt: jene Zeitkapsel, die im Stift Klosterneuburg bei Sanierungsarbeiten gefunden wurde.
Konkret eine unterarmgroße Blechdose, gemeinsam mit viel Staub, die aus der vergoldeten Kugel unterhalb des Kreuzes geborgen wurde. Spenglermeister Ulrich Sukup, der die Aktion angeleitet hat: „Wenn man sich überlegt: Das waren Leute, die vor 150 Jahren gelebt haben und die uns hier eine Nachricht überlassen haben.“
Dass es nicht unüblich ist, dass in Kirchtürmen im 19. Jahrhundert Dokumente, Artefakte und manchmal sogar Reliquien in „Zeitkapseln“ mit eingebaut wurden, weiß der stellvertretende Burghauptmann Markus Wimmer. „Bei Barockbauten verewigten sich häufig Handwerker, indem sie Zeitkapseln in der Dachverzierung versteckten.“ Später sei das dann nicht mehr der Fall gewesen, auch weil die Dachverzierungen ausblieben.
Generell wurden Zeitkapseln entweder bei einem Festakt zur Entstehung des Bauwerks befüllt – oder im Zuge der Errichtung wollte man der Nachwelt etwas hinterlassen. Wimmer erzählt von Gurkengläsern, die gefunden wurden, mit Münzen, Zeitungsausschnitten sowie Angaben, was ein Liter Milch oder eine Packung Zigaretten zu der Zeit gekostet haben. Manchmal finden sich auch Zeichnungen, Inschriften und Graffiti.
Die meisten Zeitkapseln, die gefunden wurden, waren in „bemerkenswert gutem Zustand“, erzählt Wimmer. Das war auch bei der vor Kurzem in Klosterneuburg gefundenen Kapsel der Fall. Auch das Pergament war in ausgezeichnetem Zustand – was angesichts des Orts, wo sie aufbewahrt wurde, nicht erwartbar war. Denn in der goldenen Kugel herrschten Temperaturunterschiede von bis zu 100 Grad Celsius, die Luftfeuchtigkeit schwankte in 80 Meter Höhe von nasskalt zu heiß und trocken.
Eine besondere Zeitkapsel wurde im Jahr 2012 unter dem marmornen Denkmal des gefallenen Soldaten auf dem Wiener Heldenplatz entdeckt: eine Kapsel, die der Bildhauer Wilhelm Fraß dort 1935 in den Sockel betoniert hatte. Sie enthielt brisante Schriftstücke: Fraß hatte eine NS-verherrlichende Botschaft hinterlassen, sein Assistent Alfons Riedel hingegen eine pazifistische. Beide sind heute im Heeresgeschichtlichen Museum ausgestellt.