Ein Bewerbungsgespräch für Mieter
Von Ursula Horvath
Die Nachfrage nach schönen Immobilien ist groß, zumindest in den Städten. Eigentümer können sich daher aussuchen, an wen sie die Hausschlüssel übergeben. "Dabei wird heute viel mehr Aufwand betrieben als früher. Die Vermieter sind sensibler geworden und wollen mehr über die Person wissen", sagt Georg Flödl, Geschäftsführender Partner von Immobilien Funk und Präsident des Österreichischen Verbands der Immobilienwirtschaft (ÖVI). Fragen nach dem Namen, der aktuellen Adresse, dem Beruf, dem Einkommen und der Anzahl der Personen, die einziehen werden, sind legitim. "Andere Themen dürfen aufgrund des Gleichbehandlungsgesetzes keine Rolle spielen – das ist wie beim Bewerbungsgespräch in der Arbeitswelt", erklärt Flödl. Fragen nach der Religion, der Familienplanung oder der sexuellen Orientierung sind also tabu.
Kann der Mieter zahlen?
Bonität überprüfen
Für eine Privatperson, die nur eine Wohnung vermietet, wäre so ein Fall eine Katastrophe. Kein Wunder also, dass Fragen nach der finanziellen Situation durchaus üblich sind. Hier zu lügen macht wenig Sinn, denn die Bonität ist leicht zu überprüfen. Vermieter können sich bei Anbietern von Bonitätsprüfungen, zum Beispiel dem Kreditschutzverband (KSV1870), nach dem potenziellen Mieter erkundigen. Hier kann man auch ein Mal pro Jahr eine kostenlose Selbstauskunft einholen. "Wenn Infos nicht korrekt oder veraltet sind, kann man sich an uns wenden und die Daten werden richtig gestellt", sagt Prokurist Gerhard Wagner. "Nach drei bis fünf Jahren werden Negativ-Einträge wie Insolvenzverfahren oder Zahlungsrückstände gelöscht."
Mieter-Zeugnis
Schwieriger sind diese Fragen zu beantworten: Wird mit dem Objekt sorgsam umgegangen? Wird das Mietverhältnis problemlos verlaufen oder muss man mit Auseinandersetzungen rechnen? Hier können Zeugnisse von früheren Vermietern oder Hausverwaltern einen Anhaltspunkt geben. Solche "Lebensläufe" sind in Österreich noch nicht so verbreitet wie etwa in Paris oder London. Es kommt allerdings vor, dass Makler nach den Kontaktdaten der Hausverwaltung der aktuellen Wohnung fragen, um sich dort zu erkundigen. "Wir machen das nur auf ausdrücklichen Wunsch des Vermieters. Bisher haben die Interessenten immer sehr verständnisvoll reagiert", erzählt Flödl.
Die Wahrheit sagen
"Ich kann einem Interessenten nicht empfehlen zu schummeln", erklärt Reimitz. "Ich würde aber Dinge wie eine frühere Räumungsklage nicht erzählen, wenn ich nicht ausdrücklich danach gefragt werde."