Grüne Dörfer: Innovative Projekte für das Klima
Von Vanessa Haidvogl
Bereits zum zehnten Mal zeichnete das Klimabündnis die fortschrittlichsten Klimaschutzprojekte Europas mit dem „Climate Star“ aus. Unter dem Motto „Zukunft startet jetzt“ zeigen die Gewinner, wie sie die Zukunft selbst in der Hand nehmen.
Der KURIER hat sich drei österreichische Gemeinden und ihre Initiativen näher angesehen.
Doppelte Ernte
Bruck an der Leitha in Niederösterreich überzeugte die Jury mit einem Projekt, das Energie- und Nahrungsmittelversorgung zusammen denkt. Das 5,5 Hektar große „EWS Sonnenfeld“ wird zugleich für die Produktion von Lebensmitteln und Solarstrom genutzt. Neben Weizen, Mohn und Kartoffeln erzeugt die Agrarfläche sauberen Strom für mehr als 1.000 Haushalte. Das Sonnenfeld fungiert für die nächsten drei Jahre zusätzlich als Forschungsfläche – betreut von der BOKU.
EWS Consulting, ein österreichisches Kompetenzunternehmen für erneuerbare Energien, entwickelte als Projektpartner vom Energiepark Bruck/Leitha eigens Agri-Photovoltaikpaneele für den Einsatz in Kombination mit landwirtschaftlichen Flächen. „Uns ist ein Durchbruch gelungen: Die Photovoltaik-Komponenten verbrauchen am Sonnenfeld nur rund zwei Prozent der Fläche. Auf 80 Prozent wachsen Lebensmittel und auf den übrigen 18 Prozent sorgt ein Blühstreifen für Biodiversität“, so Geschäftsführer Joachim Payr.
Öffentliche Grünräume
Immer längere Trockenperioden stellen das Weinviertel vor eine Herausforderung. 13 Gemeinden haben sich zur Klimawandelanpassungsmodellregion Südliches Weinviertel zusammengeschlossen. Sie wollen das Grünraummanagement langfristig modernisieren. „Seit zwei Jahren werden die Gemeindemitarbeiter zu den Themen Bodenbeschaffenheit, Klimawandel, Vermeidung von Hitzeinseln, Wasser-Versickerung, Jungbaumpflege und Mähen geschult“, erzählt Regionsmanager Alexander Wimmer.
Seitdem ist viel passiert: Bienen- und Blühwiesen wurden angelegt, Flächen stufenweise gemäht und ausschließlich Bäume gepflanzt, die zum Standort passen. „Mandelbäume passen zum Beispiel gut in unsere Region, aber auch Obstbäume haben wir gepflanzt, wie etwa die Felsenbirne oder Kriecherl“, so Wimmer. Bei der Bevölkerung wirbt er mit den Hinweistafeln „Wir sind gerne ordentlich schlampert“ für mehr Bewusstsein und Verständnis, was das unregelmäßige Mähen betrifft.
Weniger mähen
Auch die Umweltberatung empfiehlt unter dem Titel „No Mow May“ eine Pause für den Rasenmäher im Mai. Blütenreiche Blumenrasen sind eine wunderschöne und insektenfreundliche Alternative zum monotonen Zierrasen. Sie bringen mit ihrer Vielzahl an blühenden Wildblumen Leben in den Garten. Weniger mähen ist ein Geheimnis dieser Vielfalt. „Wenn ein bestehender Gebrauchsrasen nicht mehr gedüngt, gespritzt und bewässert und nur mehr fünf bis sieben Mal pro Jahr gemäht wird, können sich Wildblumen nach und nach im Rasen ansiedeln. So kann ein Blumenrasen entstehen“, erklärt Gartenberaterin Bernadette Pokorny.
Bestand nutzen
Die oststeirischen Gemeinden Weiz und St. Ruprecht an der Raab wollen energieeffiziente und ressourcenschonende Raum- und Siedlungsstrukturen schaffen.
Ihr Konzept sieht die Aufwertung bestehender Infrastruktur vor. Bereits erschlossene Flächen sollen genutzt werden, statt neue zu erschließen. Die Sanierung von bestehenden Gebäuden soll Vorrang gegenüber Neubauten haben. Dort, wo neu gebaut wird, muss das möglichst energieeffizient passieren. Bei allen Bauvorhaben wird durch die Festlegung eines maximal zulässigen Versiegelungsgrades ein verstärkter Fokus auf den Erhalt von Grün- und Freiflächen gelegt.
Auch Architekt Ernst Maurer wünscht sich eine bessere Planung: „Weitdenkende stadtplanerische Entwicklungspläne sind erforderlich, um den Städten von morgen hohe Lebensqualität einzuräumen. Die Verdichtung der Ortskerne wirkt dem uferlosen Ausmaß an neuer versiegelter Fläche entgegen.“
Weiz ist eine Stadt, in der viel zu Fuß erledigt werden kann. „Für längere Wege bieten wir E-Car-Sharing und das Fahrradverleihsystem „Weiz Bike“ an. In den ersten 60 Minuten fährt man gratis. Das kommt wahnsinnig gut an“, erzählt Robert Keglevic vom Büro für Mobilität und Umwelt.