"Generation Corona": Krise erschwert Jobeinstieg für junge Menschen massiv
Die Coronakrise erschwert für junge Menschen die Suche nach einer Lehrstelle oder einem Arbeitsplatz massiv. Die offenen Stellen sind stark gesunken, die Arbeitslosigkeit nach oben geschossen. Die Situation der 15- bis 24-jährigen sei je nach Ausbildung heterogen, sagte die Wifo-Ökonomin Julia Bock-Schappelwein am Mittwoch bei einer Online-Diskussionsrunde der Arbeiterkammer.
"Die Einstiegsarbeitsmärkte sind verstopft", so die Wifo-Ökonomin. Bei der Wirtschaftskrise 2008/09 sei nur der Produktionsbereich betroffen gewesen und Dienstleistungen als Beschäftigungsalternative in den Vordergrund gerückt. Von der Coronakrise seien fast alle Wirtschaftsbereiche betroffen, sagte Bock-Schappelwein. Je nach Ausbildung brauche es nun verschieden Maßnahmen für junge Menschen. Handlungsbedarf sieht die Wifo-Ökonomin unter anderem bei Lehrstellen, aber auch bei Studierenden, die ohne Nebenjobs nicht ihr Studium finanzieren könnten.
Ende Juli lag die Zahl der 15- bis 24-Jährigen, die beim Arbeitsmarktservice (AMS) als arbeitslos oder in Schulung registriert waren, bei über 63.000 Personen, ein Plus von knapp 25 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat. Die Lehrstellenlücke - die Differenz zwischen offenen Lehrstellen und Lehrstellensuchenden - war im Juli um über 2.500 höher als im Juli 2019 und belief sich auf knapp 5.500.
Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) hat Anfang Juli die Taskforce für Jugendbeschäftigung gestartet. Zuvor ins Leben gerufen wurde von der türkis-grünen Regierung bereits der Lehrlingsbonus. Unternehmen, die einen Lehrling zwischen 16. März und 31. Oktober 2020 neu einstellen, erhalten ein Bonus von 2.000 Euro. Für Kleinstunternehmer wurde der Bonus Mitte Juli auf 3.000 Euro und für Kleinunternehmer auf 2.500 Euro erhöht.
Die Arbeitsmarkt-Referentin der Arbeiterkammer Wien, Silvia Hofbauer, warnt vor einer "Generation Corona" bei jungen Menschen. Es brauche "ganz dringend" mehr Lehrstellen und Ausbildungsangebote für arbeitslose Jugendliche. Staatsnahe Betriebe und die öffentliche Hand müssten einspringen, und mehr Lehrstellen zur Verfügung stellen, forderte die AK-Referentin. "Im Herbst wird noch mal die Zahl der Lehrstellensuchenden steigen", erwartet Hofbauer.
Auch die von Experten vorhergesagte Insolvenzwelle im zweiten Halbjahr 2020 und ersten Halbjahr 2021 werde die Lehrstellen- und Jobsuche für Jugendliche erschweren. Für Studierenden wünscht sich Hofbauer eine "bessere soziale Absicherung" und eine Inflationsanpassung bei der Studienbeihilfe. Die letzte Valorisierung der Stipendien sei 2009 erfolgt.
Für die ehemalige Lehrerin und Journalistin Melisa Erkurt sind Jugendliche aus ökonomisch benachteiligten Familien durch die Coronakrise "meilenweit zurückgeworfen" worden, etwa durch fehlenden Präsenzunterricht. Die "Generation Chancenlos" habe es aber bereits vor der Corona-Pandemie gegeben. Erkurt plädiert für zusätzliches Lehrpersonal und eine verpflichtende Ganztagsschule für alle Kinder und Jugendlichen. Mehr Informationsbedarf über das breite Angebot von über 200 Lehrberufen in Österreich sieht die Ex-Lehrerin auch im Hinblick auf die berufspraktischen Tage. Die Betriebe für die berufspraktischen Tage sollten nicht individuell von Schülern und Eltern gesucht werden müssen, sondern von der Schule, so Erkurt.