Friseurlehrlinge dringend gesucht
Von Anita Staudacher
Noblesse bis unter die Trockenhaube: Im Flagship-Hairsalon von Bundy Bundy im prunkvollen Palais Kaiserhaus in der Wiener Wallnerstraße empfing einst Maria Theresias Gatte Franz Stephan von Lothringen seine Gäste. Stilvolles Ambiente und gepflegte Umgangsformen von damals werden von der vornehmen Kundschaft noch heute geschätzt. "Ein bloßes Hallo geht da nicht, das muss schon ein Grüß Gott sein", klärt Firmenchef Hans Bundy auf. Der Friseurberuf sei schließlich auch ein Kommunikationsberuf.
Neben der Geschicklichkeit mit den Händen müsse ein Friseur auch rechnen können und zwecks Konversation "der deutschen Sprache mächtig sein". Das Problem des Star-Figaros: Immer weniger Jugendliche – vor allem in Wien – erfüllen seine Ansprüche. 40 neue Lehrstellen vergibt Bundy in seinen 18 Standorten Österreichweit ab Herbst. Er zweifelt aber schon jetzt, dass auch alle besetzt werden können. Die Suche werde immer schwieriger, heuer gäbe es erstmals auch weniger Bewerbungen. Der Geburtenrückgang allein könne das nicht sein, vermutet Bundy: "Die Politik hat den Friseurberuf jahrelang verteufelt, da ist es ja kein Wunder, dass sich die Jugend abwendet."
Nicht nur die Jugend wendet sich ab, auch immer mehr Salons tun sich die mühevolle Lehrlingssuche erst gar nicht mehr an. Seit 2007 ist die Zahl der Friseurlehrlinge um fast 1000 auf 5000 im Vorjahr geschrumpft. In der Branche herrscht Alarmstimmung.
Bundy-Friseurlehrling Lena Stadler ließ sich trotz Mädchen-in-die-Technik-Propaganda nicht von ihrem Traumberuf abhalten. "Ich mache gerne Menschen glücklich, ich weiß, dass dieser Beruf zu 100 Prozent meins ist", schwärmt die 16-Jährige. Die im Vergleich zu anderen Branchen bescheidenen 366 Euro monatlich im ersten Lehrjahr seien okay: "Da kommt ja auch noch Trinkgeld dazu." Für die Ausbildung bei Bundy nimmt sie sogar täglich zwei Stunden Pendeln von Markt Piesting in NÖ nach Wien in Kauf. Kein Einzelfall: Immer mehr Friseurlehrlinge in Wien sind nicht aus Wien.
Qualitätsproblem
AMS-Wien-Vizechefin Inge Friehs kennt die Sorgen der Friseure. Das Dilemma: Angebot und Nachfrage passen immer seltener zusammen. Gut qualifizierte 15-Jährige würden weiterführende Schulen besuchen und Lernschwache die Ansprüche der Betriebe oft nicht (mehr) erfüllen. "Die größte Herausforderung ist die schlechte Qualifikation", sagt sie anlässlich eines Betriebsbesuches ("AMS on Tour") bei Bundy Bundy. Mit gezielten Qualifizierungen und Deutsch-Kursen versucht man gegenzusteuern.
Aber auch die Betriebe sind gefragt und müssen ihr Angebot verbessern. Bundy Bundy bemüht sich, stellt jedem Lehrling einen Mentor zur Seite, betreibt ein firmeninternes Trainingszentrum, fördert Lehre mit Matura und stellt eine eigene Berufsschulklasse. Ein Mal im Jahr gibt es ein eigenes Teamcamp am Attersee.