Wirtschaft

Abtausch für 12-Stunden-Tag: FPÖ-Kandidat könnte Nationalbank-Präsident werden

Die alt ehrwürdige Oesterreichische Nationalbank war immer ein Hort des politischen Proporzes. Daran ändert sich nichts, nur die Farben werden neu gemischt. Statt rot-schwarz werden Generalrat und Direktorium blau und türkis eingefärbt.

Die Zeit drängt. Die Verträge von Generalrats-Präsident Claus Raidl (ÖVP) und Vize Max Kothbauer (SPÖ) laufen Ende August aus. Die Regierung entscheidet offiziell im Ministerrat Mitte August.

Fix ist, dass die FPÖ den Präsidenten bekommen wird. Die Blauen müssen für ihre Klientel die CETA-Krot und den 12-Stunden-Tag schlucken. Da will sich Bundeskanzler Sebastian Kurz, über dessen Schreibtisch alle Personalentscheidungen laufen, bei Postenbesetzungen nicht kleinlich zeigen, hört man aus der ÖVP.

Als blaue Kandidatin wird seit Monaten Barbara Kolm kolportiert, Chefin des Hayek-Instituts. Doch die selbst ernannte Wirtschaftsforscherin stößt nicht nur bei der ÖVP auf Skepsis. Auch in blauen Wirtschaftskreisen ist man von Kolm als Notenbank-Präsidentin wenig begeistert.

Der Finanzmanager und Wiener FPÖ-Bezirksrat Peter Sidlo, neu im Generalrat, würde auch gerne an die Spitze, gilt aber nicht als präsidiabel.

Der nächste Notenbank-Chef wird wieder aus dem Club der älteren Herren rekrutiert. Blauer Fixstarter ist der ehemalige Weltbank-Direktor Robert Holzmann. An der fachlichen Qualifikation des 69-Jährigen (geboren in Leoben) gibt es keine Zweifel. Die Karrierestationen des Wirtschaftswissenschaftlers mit den Schwerpunkten Finanzen, Sozialpolitik und Pensionen reichen von zahlreichen Universitäten bis zu OECD und Weltbank, wo er zuletzt Senior Vice-President war. Holzmann publizierte u. a. gemeinsam mit Nobelpreisträger Joseph Stiglitz.

„Er ist international absolut herzeigbar und man kann sicher sein, dass er keine unbedachten Äußerungen tut“, wird in der ÖVP argumentiert. Und in der FPÖ freut man sich, eine „derart reputierliche Personalreserve“ zu haben.

Holzmann war gut mit Jörg Haider, war einer der Favoriten des ehemaligen Finanzministers Karl-Heinz Grasser und war wiederholt als FPÖ-Ministerkandidat im Gespräch. Politisch austariert sind die Ehrungen. Theodor-Körner-Preis (SPÖ), Leopold-Kunschak-Preis (ÖVP) und die Medaille des Franz-Dinghofer-Instituts, überreicht vom rechten Recken Martin Graf.

Für die ÖVP gibt’s diesmal den Stellvertreter-Posten, Wunschkandidatin ist die Casinos-Vorstandsdirektorin Bettina Glatz-Kremsner. Die Spitzenmanagerin sitzt bereits im Generalrat und muss nur noch Ja sagen. Der Generalrat der OeNB ist mit einem Aufsichtsrat vergleichbar, doch Präsident und Vize haben eine stärkere Stellung. Sie nehmen an allen Sitzungen des Direktoriums (Vorstand) teil. Was einen höheren Zeitaufwand erfordert. Glatz-Kremsner ist im teilstaatlichen Glücksspielkonzern derzeit allerdings bestens ausgelastet. Dort könnte sich im Vorstand bald einiges bewegen.

Ende August läuft auch das Mandat der Gewerkschafterin Dwora Stein aus, im September geht der Agrarier August Astl.

Im Herbst wird die Neubesetzung des vierköpfigen, rot-schwarzen Direktoriums unter Gouverneur Ewald Nowotny (SPÖ)aktuell. Der Generalrat muss je Position drei Vorschläge machen, die Regierung ist freilich nicht daran gebunden. Fix ist derzeit nur, dass die ÖVP hier den Vorsitz bekommt. Als einer der Kandidaten gilt der Ex-Banker Stephan Koren.