Wirtschaft

Fahrverbote: Wie ein Urteil dem Diesel Saures gibt

Fahrverbote für ältere Autos greifen in deutschen Städten um sich. Erstmals gab es nun in Darmstadt zwischen Landesregierung und Umwelthilfe eine außergerichtliche Einigung. Sie sieht vor, dass ab Juni 2019 auf zwei Straßen Diesel-Fahrzeuge bis Euronorm 5 (Zulassungen bis 2015) und Benziner bis Euronorm 2 nicht mehr fahren dürfen. Schlimmer als alle bisherigen Fahrverbote könnte sich aber ein Urteil des EU-Gerichts aus der Vorwoche auswirken.

Demnach müssen vereinfacht gesagt künftig alle Pkw die im Zulassungstest vorgeschriebenen Stickoxid-Grenzwerte auch im Realbetrieb einhalten. Bisher durften sie diese um das 2,1-Fache überschreiten, ab Anfang 2020 nur um das 1,5-Fache. Die EU-Kommission wollte damit den Herstellern bei der Einführung des neuen Abgastests entgegen kommen. Das war nicht im Sinne mehrerer europäischer Städte wie Paris oder Brüssel, die klagten und sich durchsetzten.

Auch wenn Autobauer kalmieren und keine weiteren Verschärfungen gegen Dieselfahrer erwarten: so eindeutig ist die Sache nicht. Bleibt das Urteil in dieser Form bestehen, könnte es tatsächlich die Basis dafür sein, dass auch nagelneue Diesel-Pkw nicht in Städten fahren dürfen. Denn den Grenzwert von 80 Milligramm Stickoxid je Kilometer können nur wenige Modelle unterbieten.

Verhindern kann diesen Gau noch die EU-Kommission, indem sie zunächst Einspruch erhebt, was einen Zeitaufschub bringt. Mittelfristig muss sie eine neue Verordnung schaffen, die auch Bestand hat.

Alternativen

Für die Autoindustrie, allen voran jene aus Deutschland, und Diesel-Fahrzeugbesitzer bedeutet das Urteil weitere Verunsicherung. Der Dieselanteil an den Neuzulassungen wird erneut sinken (auch in Österreich, wo die Politik Fahrverbote aus Rücksicht auf den Wähler scheut und die Luftverschmutzung nicht so stark ist); das bisherige Versprechen, mit der jüngsten Motorengeneration Euro-6 sei man auf der sicheren Seite, ist somit hinfällig.

Doch was sind die Alternativen? Der SUV-Boom hält ungebrochen an, für diese Klasse sowie Vielfahrer bleibt der Diesel – trotz des derzeit selben Preisniveaus an den Zapfsäulen wie Benzin – die Nummer eins. Alternative Antriebe sind im Kommen, doch ihr Anteil ist überschaubar. Solange die Probleme bei Reichweite und Infrastruktur (Lademöglichkeiten) nicht gelöst sind und die Preise der Autos nicht deutlich sinken, wird sich daran nichts ändern.

Für Deutschlands Autobranche bleibt die Lage herausfordernd. Der Umstieg auf Entwicklung und Produktion von Elektroautos erfordert enorme Investitionen. Und die Politik muss im Spannungsfeld zwischen Industrie, Autofahrern und Umweltschützern die richtige Balance finden.