Europäische Zentralbank vor historischem Zinsschritt
Der Donnerstag steht klar im Zeichen der Geldpolitik. Am Nachmittag trifft die EZB ihren Zinsentscheid. Dass die Leitzinsen weiter steigen, ist angesichts der sehr hohen Inflation so gut wie sicher. Allerdings ist nicht klar, in welchem Ausmaß die Zinspolitik gestrafft wird. Im Juli haben die Euro-Wächter die Abkehr von ihrer jahrelangen Ära der Nullzinspolitik eingeleitet und dabei die Zinsen erstmals seit 2011 nach erhöht. Aktuell liegt der Leitzins in der Eurozone bei 0,50 Prozent.
Analysten rechnen mehrheitlich mit einem großen Schritt um 0,75 Prozentpunkte. Das wäre der bisher größte Zinsschritt in der Geschichte der Gemeinschaftswährung. Allerdings gibt es auch einige Experten, die mit einem etwas kleineren Schritt um 0,5 Punkte rechnen.
An den Finanzmärkten setzen die Investoren eher auf einen größeren Schritt.Die Auswirkungen an der Börse sollten begrenzt bleiben, denn die Marktteilnehmer hätten genug Zeit gehabt, sich darauf vorzubereiten, schrieb der Portfolio-Manager Thomas Altmann vom Vermögensverwalter QC Partners.
Keine schnelle Lösung für Inflation
Dass der Zinsschritt zu einem raschen Eingrenzung der Inflation führen kann, ist indessen eher nicht zu erwarten, zumal diese hauptsächtlich von den hohen Energiepreisen angeheizt wird. Der aktuelle Rückgang bei den Ölpreisen kommt bisher jedenfalls nicht bei den Konsumenten an. In Österreich lag die Teuerungsrate zuletzt bei 9,1 Prozent. Angestrebt wird eine Rate von etwa 2 Prozent.
Monika Köppl-Turyna, Chefin des industrienahen Wirtschaftsforschungsinstituts EcoAustria geht davon aus, dass die Wirtschaftsleistung kommendes Jahr um 20 Mrd. Euro schwächer ausfallen wird als ohne die Energiekrise und es eine "milde Rezession", also Schrumpfung der Wirtschaftsleistung geben wird. Die Inflation dürfte nach Einschätzung Turynas 2023 und auch 2024 über 10 Prozent liegen.
Auch in Deutschland sind die Aussichten düster. Das Institut für Weltwirtschaft (IfW) erwartet 2023 einen Rückgang der Wirtschaftsleistung um 0,7 Prozent. "Die jüngsten Preissprünge bei Strom und Gas werden die Kaufkraft der privaten Haushalte spürbar verringern und zu einem Rückgang der privaten Konsumausgaben führen", heißt es in einer Aussendung. Zudem dürften die weltweite Konjunkturflaute nicht nur die Exporte, sondern auch die Investitionen merklich dämpfen. Bei der Teuerungsrate erwarten die deutschen Ökonomen einen Anstieg von 8 Prozent heuer auf 8,7 Prozent 2023.