Fleischprodukte: Wissen, was drin ist
Von Ulla Grünbacher
Die Europäische Verbraucherorganisation (BEUC) hat Konsumenten in Österreich, Frankreich, Polen und Schweden befragt, was ihnen beim Kauf von Lebensmitteln wichtig ist. Das Ergebnis: Für 70 Prozent der Befragten ist die Herkunft von Produkten eines der wichtigsten Kriterien für den Kauf. Die Menschen wollen genau wissen, wo ihr Essen herkommt.
Die vielen Lebensmittelskandale und zuletzt das Pferdefleisch in der Rindfleisch-Lasagne hat die Menschen kritischer werden lassen. Die EU schreibt ab 2014 klare Regeln für die Herkunftskennzeichnung von Lebensmitteln vor. Derzeit gibt es nur eine Kennzeichnungspflicht für unverarbeitetes Rindfleisch, nicht aber für Schweine, Geflügel oder Schafe – und auch nicht für verarbeitete Ware wie Fertigprodukte.
Infos auf Verpackungen
Künftig werden EU-weit einheitliche und verbraucherfreundliche Informationen auf allen Lebensmittelverpackungen zu finden sein. „Die Verordnung bringt Neuerungen für Mindestschriftgröße und Herkunftskennzeichnung“, sagt der Sprecher des Gesundheitsministeriums, Fabian Fußeis. Neben der bereits bestehenden verpflichtenden Kennzeichnung der Herkunft von Rindfleisch muss dann auch die Herkunft von Schweine-, Schaf-, Ziegen- und Geflügelfleisch gekennzeichnet werden.
Auch für Lebensmittelimitate gilt ab 2014 eine Informationspflicht. Wird anstelle von Käse eine Pflanzenfettmischung verwendet, muss auf dem Produkt darauf hingewiesen werden. Auch bei sogenanntem Klebefleisch muss klar beschrieben sein, dass das Produkt „aus Fleischstücken zusammengefügt“ wurde.
Noch Zukunftsmusik ist hingegen ein detaillierter Herkunftsnachweis von verarbeiteten Produkten wie dem Faschierten in der Fertiglasagne. „Die EU prüft gerade die Machbarkeit“, so Fußeis. Ob es den Konsumenten zuzumuten ist, die Herkunftsnachweise jedes einzelnen Produkts beim Einkauf zu lesen? „Warum nicht, auf der Weinkarte eines Restaurants erfährt man auch alles über den Anbau und die Lage des Produkts“, argumentiert die Ernährungsexpertin des Vereins für Konsumenteninformation (VKI), Birgit Beck.
Doch auch die Konsumenten müssen erst einmal lernen, mit seriösen und weniger seriösen Herkunftshinweisen umzugehen. „Nach österreichischer Rezeptur“ meint ebenso wenig, dass das Produkt in Österreich produziert wurde wie rot-weiß-rote Fähnchen oder Schleifen. Lebensmittel, die das AMA-Gütesiegel tragen, dürfen nur Rohstoffe aus Österreich enthalten.
Billig = nichts wert?
Auch der Konsument hat beim Umgang mit Lebensmitteln eine Verantwortung zu tragen. Zu Schleuderpreisen einzukaufen und dennoch die höchste Qualität zu erwarten, funktioniert meist nicht. „Alles wird teurer, nur Fleisch wurde billiger“, kritisiert Rudolf Berger, Chef der Fleischerei Berger mit Sitz im niederösterreichischen Sieghartskirchen. Während viele Produkte teurer geworden sind, sind die Preise für Schnitzelfleisch gesunken.
Die Gerichte sind überlastet, Konsumenten müssen oft lange warten, um Recht zu bekommen. Um Dispute zwischen Konsumenten und Händlern künftig vermehrt außergerichtlich auszufechten, hat die EU die Richtlinie für außergerichtliche Streitbeilegung beschlossen, die Mitte 2015 in Kraft tritt.
So lange will man in Österreich nicht warten. Vor wenigen Wochen wurde der Testbetrieb der Schlichtungsstelle für Verbrauchergeschäfte aufgenommen. Konsumenten können sich ab sofort an die Schlichtungsstelle wenden – online unter www.verbraucherschlichtung.at.
Dort kann eine Beschwerde eingebracht werden, mit dem sich dann die Juristen der Schlichtungsstelle befassen. Ziel ist eine für beide Seiten akzeptable Lösung. Zuständig ist die Schlichtungsstelle für Streitigkeiten zwischen Verbrauchern und Unternehmen basierend auf einem entgeltlichen Vertrag. Ausgenommen sind der Gesundheitsbereich (Patientenrechte), Mietverträge und Weiterbildungsmaßnahmen. Auch bei laufenden Verfahren wird die Schlichtungsstelle nicht tätig. „Die Vorteile der Schlichtungsstelle sind, dass die Streitschlichtung absolut vertraulich ist und kostenlos in Anspruch genommen werden kann“, sagt Irmgard Griss, Leiterin der Schlichtungsstelle. Griss ist pensionierte Präsidentin des Obersten Gerichtshofs.
Voraussetzung für die Einleitung eines Schlichtungsverfahrens sei es aber, dass sich der Beschwerdeführer bereits um die Einigung mit dem Unternehmen bemüht habe. Beide Seiten müssen mit der Schlichtung einverstanden sein.
Einige Branchen haben bereits im Vorfeld ihre Mitwirkung zugesagt. Die Banken haben zwar einen eigenen Ombudsmann, sie haben aber ein Interesse daran, Streitfälle punkto Fremdwährungskredite über die neue Schlichtungsstelle abzuwickeln. Auch der Elektro- und der Möbelhandel haben Bereitschaft signalisiert.
Mit den bereits bestehenden Schlichtungsstellen (dem Banken- und Internetombudsmann, E-Control, Schienen-Control, Rundfunk- und Telekom Regulierung) wird zusammengearbeitet. Finanziert wird das neun Monate laufende Pilotprojekt vom Konsumentenministerium. Ziel ist es, Erfahrungen zu sammeln und den Bedarf zu testen.
Das längste Wort der deutschen Sprache verschwindet aus dem Sprachgebrauch. Der mecklenburg-vorpommerische Landtag in Schwerin beschloss vergangene Woche, das 63 Buchstaben lange Rindfleischetikettierungsüberwachungsaufgabenübertragungsgesetz aus dem Landesrecht zu verbannen. Das Gesetz galt jahrelang als längstes im Deutschen existierende Wort, berichtete der Berliner Sprachforscher Professor Anatol Stefanowitsch.
In den Duden schaffte es das Gesetz nie, weil es nicht häufig genug im Sprachgebrauch auftauchte, sagte eine Duden-Sprecherin. Spitzenreiter im Wörterbuch ist derzeit die 36 Buchstaben lange Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung.