EU-Plastikverbot: Die 10 wichtigsten Fragen
Von Anita Staudacher
Die EU macht Ernst mit dem Verbot von Einweg-Plastikprodukten. Ab 2021 ist Schluss mit Plastikbesteck beim Picknick oder Strohhalmen in Getränken. Darauf einigten sich die Verhandler von EU-Kommission, EU-Parlament und österreichische Ratspräsidentschaft am Mittwoch. Was kommt auf die Konsumenten zu. Die wichtigsten Fragen:
1. Was genau wird verboten?
Betroffen sind Einwegplastikprodukte, für die es eine nachhaltigere Alternative gibt. Konkret sind das etwa Wattestäbchen (für den privaten Gebrauch), Teller, Besteck, Strohhalme und Luftballonstäbe. Weiters betroffen sind Verpackungen aus aufgeschäumtem Polystyrol, wie sie beim To-Go-Kauf von heißen Lebensmitteln oder Getränken benutzt werden. Es sind dies Produkte, die besonders häufig im Meer landen.
2. Womit wird das Plastik ersetzt?
Durch andere Materialen, am häufigsten wohl durch Papier. Der Verband der chemischen Industrie verweist darauf, dass Papier - etwa beim Sackerl- wegen des enormen Ressourcenverbrauchs bei der Herstellung einen schlechteren ökologischen Fußabdruck als Kunststoff. Und auch andere Werkstoffe hätten mitunter das Nachsehen.
3. Welche Plastikprodukte sollen eingeschränkt werden?
Produkte, für die es (noch) keine nachhaltige Alternativen gibt. Genannt werden hier Trinkbecher und Lebensmittelverpackungen.
4. Welche Auflagen gibt es für Plastikflaschen?
Verschlüsse und Deckel müssen direkt an der der Kunststoff-Flasche befestigt sein. Für die Umstellung haben die Hersteller fünf Jahre Zeit. Die Getränkehersteller halten die Regelung für kontraproduktiv. "Diese Verordnung wird nur noch mehr Plastik bringen", heißt es etwa bei der burgenländischen Waldquelle. Durch das Anbringen der Plastik-Schraubenverschlüsse an der Flasche würden die Gebinde schwerer und somit der CO2-Ausstoß beim Transport höher. Auch die hohen Umstellungskosten wollen die Hersteller nicht allein tragen. Ein Bekenntnis gibt es in der Branche zu mehr Recycling-PET-Flaschen.
5. Welche Produkte müssen künftig wie gekennzeichnet werden?
Auf bestimmte Produkte mit einem gewissen Kunststoffgehalt zum einmaligen Gebrauch muss auf negative Umweltauswirkungen hingewiesen werden. Davon betroffen sind etwa Hygieneeinlagen, Trinkbecher oder Feuchttücher.
6. Werden die Plastik-Hersteller für die Sammlung und Entsorgung zur Verantwortung gezogen?
Teilweise. Sie müssen künftig einen Beitrag zu den Kosten für Sammlung und Verwertung leisten. Auch die Tabakindustrie soll für das Einsammeln der Zigarettenstummeln auf Stränden und in Parks mitzahlen müssen. Die Sammelquote für Einweg-Kunststoff-Flaschen soll bis 2025 auf 77 Prozent und bis 2029 auf 90 Prozent steigen. Der Zeitraum ist freilich ziemlich lange gewählt.
7. Wann werden die Maßnahmen jetzt wirklich umgesetzt?
Spätestens im Jänner 2021, wobei die Umweltschutzorganisationen auf eine frühere Umsetzung hoffen. Am 20. Dezember unterzeichnen jedenfalls die Umweltminister die Richtlinie. Die Mitgliedstaaten haben dann zwei Jahre Zeit, um sie in nationales Recht umzusetzen.
8. Wie fallen die Reaktionen aus?
Unterschiedlich. Die Umweltschutzorganisation Global 2000 lobt zwar die Einigung als "historischen Schritt" gegen Plastikverschmutzung, kritisiert zugleich aber das Fehlen konkreter Reduktionsziele und die langen Übergangsfristen. "Mit Maßnahmen, die erst in Jahren und Jahrzehnten wirksam werden, ist niemandem geholfen".Greenpeace fordert die Einführung eines Pfandsystems für Plastikflaschen in Österreich. Der Fachverband der Chemischen Industrie Österreichs erklärte, die Einwegkunststoff-Richtlinie der EU schieße am Ziel vorbei. Der Anteil Europas und Nordamerikas am Meeresmüll betrage gerade einmal zwei Prozent. Der Rest komme hauptsächlich aus Asien und Afrika. Die Lösung liege im Ausbau der Kreislaufwirtschaft, Verbote würde das Recycling erschweren, da auch Produkte aus Recyclingmaterial von den Verboten betroffen seien.
9. Wann kommt das Plastiksackerl-Verbot in Österreich?
Österreich hat als drittes EU-Land ein Verbot von Kunststoff-Plastiktaschen ab 2020 beschlossen, was im Einzelhandel nach und nach umgesetzt werden soll. Als Plastiksackerl bzw. Tragetasche gelten alle Produkte, die einen Henkel oder ein Griffloch haben. Sie sollen durch Stoff- oder Papiersackerl ersetzt werden. Umweltministerin Köstinger will im Jänner die Vertreter des Handels zu einem runden Tisch laden, um den Übergang bis zum Verbot zu besprechen. Handel und die Wirtschaftskammer sind vom Verbot nicht begeisert.
10. Was ist mit den übrigen Plastikverpackungen im Handel?
Ergänzend zum Plastiksackerlverbot plant die Regierung eine Reduktion von Plastikverpackungen in der Höhe von 20 bis 25 Prozent. Details sind noch offen. Der Handel verteidigt die Plastikfolien in Obst/Gemüse- und Feinkost-Vitrine und verweist auf Hygienevorschriften. Bei der Milch scheitert die Umstellung auf ein Mehrweg-Flaschensystem an fehlenden Betrieben, die das Abfüllen übernehmen könnten. Die Getränkehersteller wollen zwar den Einsatz von Recycling-PET-Flaschen steigern, aber nicht die gesamte Produktion umstellen. Vor allem die neue Verschluss-Regelung für Plastikflaschen verursache zusätzliche Millionenkosten in Österreich, wird argumentiert.