E-Lkw-Hersteller Nikola mit Betrugsvorwürfen konfrontiert
Der schillernde US-Elektrolastwagenbauer Nikola spaltet die Fahrzeugbranche: Die einen feiern das hierzulande noch wenig bekannte Startup als zweites Tesla, die anderen warnen vor einer gefährlichen Luftnummer. Nun bezichtigt ein Investor das Unternehmen des groß angelegten Betrugs und schickte den Börsenkurs auf Talfahrt.
Der Startschuss für Nikola fiel im Jahr 2015. Seither tüftelt das Team von Gründer Trevor Milton an alternativen Antriebstechnologien für Lastwagen und große Geländewagen. Diese sollen in Zukunft auf der Basis elektrischer Batterien und Wasserstoff-Brennstoffzellen fahren. Auch an Ladestationen für Wasserstoff-Lkw arbeitet das Startup.
Bisher blieben die Pläne aber weitgehend Theorie, denn auf die Straße brachte Nikola noch kein einziges fertiges Modell seiner Öko-Lastwagen. Partner aus der internationalen Fahrzeugbranche schreckte das indessen nicht ab.
Nikola schloss strategische Partnerschaften nicht nur mit Bosch, sondern auch mit dem italienischen Nutzfahrzeughersteller CNH Industrial.
Vor einer Woche kam dann ein weiterer prominenter Partner an Bord: Der US-Autobauer General Motors. Kaum war die Zusammenarbeit am vergangenen Dienstag verkündet, schnellte der Kurs der Nikola-Aktien an der New Yorker Börse um 41 Prozent in die Höhe. Dabei war das Startup erst im Juni an die Börse gegangen.
Die kalte Dusche folgte zwei Tage später. Grund war ein Papier der Investmentgesellschaft Hindenburg Research, das sich über weite Strecken wie eine dramatische Warnung vor dem neuen Börsenliebling liest. Hindenburg Research wirft Nikola darin einen "komplexen Betrug" vor, der auf zahlreichen Lügen des Gründers Trevor Milton beruhe.
Die Partner würden mit der "falschen Behauptung, über wichtige Technologien zu verfügen", von dem Startup "in die Irre geführt". Das Papier riss den Börsenkurs von Nikola umgehend nach unten: Binnen drei Tagen stürzte der Kurs um 36 Prozent ab.
Die Reaktion des derart attackierten Herstellers ließ nicht lange auf sich warten. Am Montag wies Nikola die Vorwürfe zurück und zeigte die Investmentgesellschaft nach eigenen Angaben wegen versuchter Kursmanipulation bei der US-Börsenaufsicht an. Bereits am Montag stieg der Kurs wieder um elf Prozent.
Das Dementi hatte allerdings einen Haken: Nikola wies einen der gravierendsten Vorwürfe von Hindenburg Research nur in Teilen zurück. Dabei geht es um eine Szene aus einem Video des Startups von 2017, in dem ein Prototyp der neuen Lastwagen in Aktion zu sehen ist.
Laut Hindenburg Research wurde das Fahrzeug dafür zuerst auf einen Hügel gezogen - und rollte dann einfach von selbst wieder hinunter. Von einem neuen Antrieb keine Spur.
Nikola rechtfertigte sich damit, das Unternehmen habe niemals behauptet, dass der Prototyp in dem Video von einem eigenen Motor angetrieben worden sei.
Finanzchef Kim Brady ging am Montag zusätzlich in die Offensive und sagte auf einer Konferenz, die Partner hätten Nikola vor ihrem Einstieg auf Herz und Nieren geprüft. So habe Bosch mehrere Ingenieure für eine monatelange Prüfung angestellt.
Es sei "lächerlich" zu glauben, dass die Partner bei Nikola einstiegen, ohne zu wissen, was sie tun.
Analyst Daniel Ives von Wedbush sieht Nikola nun in der Pflicht, zu liefern. Sollte in den nächsten Jahren die geplante Fabrik im US-Bundesstaat Arizona gebaut werden und fertige Modelle zu attraktiven Preisen auf die Straße kommen, habe Nikola eine "reelle Chance".
Doch ein zweites Tesla - das sich ebenso wie Nikola beim Unternehmensnamen an den berühmten Erfinder und Elektroingenieur Nikola Tesla anlehnt - werde aus dem Startup nicht, sagt Ives. "Es gibt nur ein Tesla."