Schmuck-Architektin Boltenstern: Nie ohne meinen 3D-Drucker
Von Anita Staudacher
Die eigene Handschrift auf einen edlen Schmuckstück verewigen? Kein Problem. Der individuelle Schriftzug wird gescannt und mit wenigen Mausklicks am Bildschirm an einen Ring oder ein Armband angebracht. Das alles kann der Kunde selbst am Heim-PC erledigen und das persönliche Schmucktstück gleich direkt über die Homepage von Boltenstern Jewellery in Auftrag geben.
Nur ein Beispiel der „Schmuck-Architektin“ Marie Boltenstern, die gerade dabei ist, traditionelles Handwerk in eine neue Dimension zu führen – mittels 3D-Technologie. „Wir drucken in 3D direkt aus Gold- und Silberpulver“, erläutert Boltenstern beim Besuch des KURIER in ihrem Showroom in der Wiener Innenstadt. Auch Platin sei für den Druck geeignet.
Familientradition
Mit ihrer gedruckten Schmuck-Kollektion ist Boltenstern eine echte Pionierin - und gleichzeitig führt sie das Erbe eine prominenten Namens weiter. Der Großvater Erich war ein bekannter Wiener Architekt (Ringturm), Vater Sven machte sich als Goldschmied und Bildhauer weltweit einen Namen.
Wie es dazu kam
Die Idee, Tradition und Fortschritt kreativ zu vereinen, reifte während des Architektur-Studiums. „Es sind die Geometrien, die mir schon immer wahnsinnig Spaß machten. Meine Leidenschaft ist die Technologie“, erzählt Boltenstern. Warum sollte etwas, das in der Gebäudetechnik funktioniert, nicht auch für ein sehr feines, filigranes Handwerk funktionieren? „Es geht immer darum, individuelle Formen durch Algorithmen zu programmieren und diese durch 3D-Technologie in die Realität umzusetzen.
Wie es funktioniert
Das Schmuckstück wird dam Bildschirm mittels 3D-Programm designt. „Der Computer erbringt die Rechenleistung, die Kreativität kommt vom Menschen“, erläutert Boltenstern. Zum Vorbild nimmt sich die Architektin geometrische Formen aus der Natur. „Da gibt es auch kein Teil, das aussieht wie ein anderes.“ Der große Vorteil: Mittels Digitalisierung kann gleich eine ganze Serie von individuellen Einzelteilen hergestellt werden. Wie lange das Design am Bildschirm dauert, hänge ganz vom Schmuckstück ab. Durch die 3D-Technologie könnten aber Designs hergestellt werden, die nie zuvor machbar waren.
Die fertige Datei wird dann per eMail an einen Spezial-3D-Drucker nach England gesendet und ausgedruckt. Die fertigen Teile kommen zurück nach
Wien, wo sie in der Werkstatt von drei erfahrenen Goldschmieden endgefertigt und poliert werden.
Die ersten Reaktionen aus der Juwelier-Branche waren eher verhalten bis skpetisch. Erst nachdem die ersten Kreationen fertig und verkauft waren, sei der 3D-Druck ernster genommen worden.
Zwischen 100 und 100.000 Euro
Heute verkauft Boltenstern etwa 1000 Schmuckstücke pro Jahr, den Großteil ins Ausland, vor allem nach China. „Wir haben eine Kooperation mit einem Juwelier in Hongkong, das ist eine spannende Zukunftsrichtung“. Die Preisrange liegt je nach Material zwischen 100 und 100.000 Euro.
Wie es weitergeht
Boltenstern beschäftigt derzeit zehn Mitarbeiter, darunter drei Goldschmiede, von denen sie noch sehr viel vom Handwerk lernen könne. Eines der nächsten Ziele ist ein eigener 3D-Drucker für die Werkstatt in Wien. Wird die 3D-Technologie den Beruf des Goldschmieds irgendwann ersetzen? „Nein, das Handwerk stirbt nicht aus“, ist die Unternehmerin überzeugt.
Der 3D-Druck biete aber ganz neue Möglichkeiten und Qualitäten, die mit der Hand schlicht nicht möglich seien. Es handle sich also eher um eine Erweiterung, um eine neue Sparte des Berufes mit neuen Anforderungen. Worauf es ankommt? „Hohes Interesse für Mathematik, Geometrie und kreatives Denken ist wichtig“.