Die neue Einkaufslust auf Türkisch
Von Irmgard Kischko
Sie sind jung, kaufen gerne ein auf achten dabei besonders auf die neuesten Trends und gute Qualität. Österreichs Türken sind in ihrem Einkaufsverhalten offenbar viel moderner als landläufig vermutet. Das lässt sich aus einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts GfK bei Österreichern mit türkischen Wurzeln schließen.
Das ist besonders bemerkenswert, zumal die 275.000 Österreicher mit türkischen Wurzeln laut Statistik Austria im Durchschnitt nur über 1100 Euro im Monat verfügen, die Österreicher dagegen über 1480 Euro. Das gesamte Konsumpotenzial der türkischen Bevölkerung schätzen die Statistiker auf vier Milliarden Euro, jenes der Österreicher auf 220 Milliarden Euro. Besonders beliebt sind bei den türkisch-stämmigen Österreichern technische Neuheiten wie Smartphones. Bei Autos bevorzugen sie deutsche Marken – VW, Opel, Mercedes.
Lieber auf Deutsch
Überraschend waren auch die Antworten auf die Frage, ob sie lieber auf Deutsch oder Türkisch über Produkte oder Dienstleistungen informiert werden wollen. Knapp 60 Prozent bevorzugen Deutsch. Je jünger und gebildeter, desto größer der Anteil jener, die auf Deutsch informiert werden wollen.
Warum das so ist? GfK Österreich-Chef Rudolf Bretschneider hat dafür nur eine „Deutung, aber keine wirkliche Erklärung“: „Eine These ist, dass die österreichischen Türken viel besser integriert sind als jene in Deutschland“, sagt er. Österreicher mit türkischen Wurzeln wollen eher nicht nach ihrer Herkunft beurteilt werden.
Wenig Finanzprodukte
Das Vertrauen der türkischen Migranten zu den Banken ist übrigens geringer als jenes der Österreicher. 33 Prozent behalten Bargeld lieber selbst, als es den Banken zu geben. Mehr als die Hälfte hat kein Geld für Altersvorsorge. Hier sieht Studienleiterin Kostera viel Nachholbedarf der Banken.
Birol Kilic, Herausgeber der Neuen-Heimat-Zeitung (Yeni Vatan), bestätigt im KURIER-Gespräch die Ergebnisse. „Die Türken sind konsumorientiert. Dabei ist uns wichtig, dass die Marke Qualität hat.“ Das sei nicht nur in Österreich so. „Auch in meiner Jugend in Istanbul waren uns Qualitätsmarken wichtig.“
Dies müssten aber nicht zwingend westliche Marken sein, sondern treffe auch auf türkische zu. „Wir haben Erinnerungen an die guten Marken aus der Heimat“, sagt Kilic. Davon würden auch türkische Produzenten profitieren, die nach Westeuropa liefern oder hier sogar produzieren lassen.
So sei die jahrzehntealte Joghurtmarke ÖMÜR in Österreich sehr beliebt. Sie wurde vor einigen Jahren vom deutschen Konzern Garmo erworben, der auch Produzent des bekannten Feta-Käses Gazi ist. Beliebt seien auch Produkte des Tomatenverarbeiters und Saucenherstellers Tukas.
In Finanzangelegenheiten vertrauen Türken laut Kilic nicht unbedingt türkischstämmigen Banken. „Es gibt österreichische Institute, die sich besonders um Migranten kümmern, und nicht nur aus Marketinggründen. Anderen sind wir wurscht.“