Das war der heiße Herbst: Warnstreiks und Marathonverhandlungen
Von Irmgard Kischko
Jahrelang hatten die Sozialpartner dafür gesorgt, dass die Kollektivvertragsverhandlungen ohne große Aufregungen, ohne Streikdrohungen und Protesten abliefen. Doch heuer war alles anders: Nachdem die Regierung den 12-Stunden-Tag im Alleingang durchgesetzt hatte, gingen die Gewerkschaften kampfbereit und mit saftigen KV-Erhöhungs-Forderungen in die Verhandlungen - eine Vorgangsweise, die sich für die Beschäftigten gelohnt hat.
Die Ergebnisse der KV-Verhandlungen liegen großteils "am oberen Rand" der Bandbreiten, die von den Arbeitnehmervertretern gefordert wurden. "Eine tolle Geschichte" nannte denn auch Rainer Wimmer, Chefverhandler der Gewerkschaft PRO-GE, den Abschluss für die Metaller. Im Durchschnitt gibt es 3,5 Prozent mehr Lohn für die 130.000 Beschäftigten in der Metallindustrie. Niedrige Gehälter und Lehrlingsentschädigungen steigen stärker. Zudem wurden Zuschläge für die 11. und 12. Stunde Arbeit durchgesetzt. Gelungen ist dies nach Ansicht der Gewerkschaft nur nachdem Warnstreiks abgehalten wurden.
Einigung nach sechs Runden
Diese Taktik setzten die Brauerei-Mitarbeiter fort. Erst nach der Ankündigung von Warnstreiks kam es in der sechsten Verhandlungsrunde zu einer Einigung: 3,2 Prozent mehr Lohn für die 3200 Beschäftigten der Branche, rückwirkend per 1. September. Wie bei den Metallern setzten auch die Brauerei-Arbeitnehmerverträger 100 Prozent Zuschlag für die 11. und 12. Arbeitsstunde durch.
Konfliktreich ging es heuer bei den Bahn-KV-Runden zu. Erst nach einem zweistündigen Warnstreik und zehn Verhandlungen kam es am 2. Dezember zu einer Einigung. Rückwirkend ab Juli 2018 erhalten die 40.000 Bahn-Bediensteten um 3,4 Prozent mehr Lohn. Auch der Abschluss für die 430.000 Handelsangestellten mit plus 2,5 Prozent kam erst nach Protestaktionen der Beschäftigten zustande.
Vergleichsweise rasch gingen die KV-Verhandlungen heuer nur im Metallgewerbe über die Bühne. Arbeitgeber und Arbeitnehmer brauchten nur zwei Runden, um sich auf eine Erhöhung um 3,3 Prozent ab Jänner für die 110.000 Beschäftigten zu verständigen.
Ein heißer Frühling?
Fragt sich, ob es im nächsten Jahr mit der gleichen Härte weiter geht. Die Gewerkschaft hat wenig Grund, ihre Strategie zu ändern. PRO-GE-Chefverhandler Rainer Wimmer ist überzeugt, dass "es nur mit diesem Druck, mit diesen Warnstreiks, mit diesen vielen Versammlungen möglich war, Bewegung hineinzubekommen".
Das ist zumindest schon eine Vorgabe für die nächsten KV-Verhandlungen, die im März für die 20.000 Mitarbeiter der Textilindustrie starten. Die Elektro-Branche mit ihren 60.000 Mitarbeitern und die Chemieindustrie mit 55.000 Beschäftigten folgen auf die Textiler. Schon jetzt steht für die Gewerkschaft fest: Das Ergebnis der Metaller von Herbst ist jedenfalls die Vorgabe.