Wirtschaft

Chinesischer Millionärin droht Giftspritze

Derzeit wartet die 31-jährige Geschäftsfrau Wu Ying in einer Todeszelle der Provinz Zhejiang auf die Giftspritze. Den Instanzenweg hat Wu ausgeschöpft, ihre letzte Hoffnung ist das Höchste Volksgericht. Wu Ying verkörperte den Traum des neuen, kapitalistischen China: Die Bauerntochter und Schulabbrecherin baute eine Kette von Beauty-Salons auf, in denen Tierplazenta für zarte Haut injiziert wurde. Hotels kamen dazu. Im Alter von 26 Jahren war sie die sechstreichste Frau des Landes und schwamm in Luxus.

Doch dieser Aufstieg verlief nicht legal: Wu versprach Privatinvestoren bis zu einem halben Prozent Zinsen pro Tag und trug damit ein Kapital von umgerechnet fast 100 Millionen Euro zusammen. Natürlich konnte sie die Zinsen nicht zahlen, die Hälfte des Geldes brachte sie durch. 2007 schnappten die Handschellen zu.

Um ihr Leben zu retten, zeigte sich die Unternehmerin reuig und auskunftsfreudig: Sie verriet 17 korrupte Funktionäre und Banker. Doch die Justiz rechnete ihr das nicht an. Mit ihren schweren Verbrechen habe sie Nation und Volk extremen Schaden zugefügt und müsse daher schwer bestraft werden, so die Richter.

Exempel

Doch viele Chinesen haben das Gefühl, an Wu werde ein ungerechtes Exempel statuiert. Ihre Freunde und Anwälte laufen Sturm gegen die Hinrichtung. Kommentatoren und Blogger halten die Todesstrafe für zu streng: Betrug sei keine Gewalttat.

So mancher hat insgeheim auch Verständnis für Wus Vorgehen. Denn offiziell dürfen in China nur staatliche und Joint-Venture-Banken sowie Pfandhäuser Kredite vergeben. Wegen strenger Vorgaben der Regierung stehen die aber auf der Bremse, viele Firmen stecken in einer Kreditklemme. Illegale Geldverleiher springen ein – und machen exorbitante Gewinne. Diese hat Wu Ying betrogen. Dass sie dafür sterben soll, bereitet auch anderen schlaflose Nächte.