Wirtschaft

Buchtipps: Wirtschaft aus anderer Perspektive

Bücher stehen in der Hitliste der Weihnachtsgeschenke ganz oben. Seit Finanzskandale und Wirtschaftskrimis die Schlagzeilen dominieren, schaffen es immer häufiger auch Wirtschaftsbücher in die Bestseller-Listen. Gut verkaufen sich vor allem „andere Sichtweisen“ auf das herrschende Wirtschaftssystem, erzählen Buchhändler.

Der KURIER nahm einige Neuerscheinungen unter die Lupe und stellte dabei fest: Wirtschaftslektüre muss keine schwere Kost sein. Egal ob ein Bauer aus dem Weinviertel erzählt, wie er sich selbst mit Strom versorgt oder der 70-jährige dm-Gründer über seine Erfahrungen als Sitzenbleiber in der Schule sinniert – die Bücher zwingen die Leser zum Nachdenken und Hinterfragen gewohnter Denkmuster.

Abwärtstrend macht heuer Pause

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Für die knapp 1800 heimischen Buchhandlungen läuft das Weihnachtsgeschäft heuer etwas besser als in den Jahren zuvor. Zumindest der Trend nach unten konnte gebrochen werden.

Nach vorläufigen Zahlen der Wirtschaftskammer gab es bis 17. Dezember ein nominelles Umsatzplus von drei Prozent. In der Adventzeit spielt die Branche ungefähr ein Fünftel ihres Jahresgeschäftes ein.

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Die Autorin Sonja Franzke und die auf Infografiken spezialisierte Agentur no.parking listen Österreich statistisch fast komplett auf. Die Leser erfahren auf 128 bunten Seiten so wichtige Sachen wie die Zahl der Meerschweinchen (64.000), der „echten“ Schweine (3.247.180) oder wie viele Jägerinnen und Jäger (7515/115.612) welche Wildtiere jagen. Oder aussagekräftige Ortsnamen wie Affenhausen (Tirol), Christkindl (OÖ) sowie Kleinklein und Großklein in der Südsteiermark.

Lehrreich sind auch die Bezeichnungen für weniger geschätzte Mitmenschen aus anderen Regionen: Von Mostsche(d)l über Hadalump bis zur Gretzn.

Nicht fehlen darf natürlich das Lieblingsessen der Österreicher (Wiener Schnitzel). Und natürlich kommen auch die Lieblingsgäste, die Deutschen, vor. In Form eines „Wörterbuchs“, das wichtige Begriffe und Sprichwörter vom Deutschen ins Deutsche übersetzt.

Sonja Franke, no.parking: Total alles über Österreich, Folio, 128 Seiten, 21,90 Euro

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Wolfgang Löser, Bauer im niederösterreichischen Weinviertel, hatte bereits vor dreißig Jahren die Vision, die Energie für seinen landwirtschaftlichen Betrieb aus erneuerbaren Energien zu beziehen. Seit mehr als zehn Jahren führt er nun Österreichs ersten „energieautarken Bauernhof“. Wärme, Strom und Kraftstoff werden am Hof selbst produziert. Warum sich das für jeden landwirtschaftlichen Betrieb rechnen kann, beschreibt das Buch detailreich und engagiert. Die beiden Autoren wollen aber nicht nur informieren, sondern auch „bekehren“ und prangern die herrschende Energiepolitik an. Sie versuchen Argumente gegen die Energieautarkie mit Fakten zu widerlegen. Etwa die Behauptung, dass man für die Produktion von Fotovoltaik-Anlagen mehr Energie benötige als man aus ihnen herausbekommt.

Letztlich zeigt das Buch auch Möglichkeiten auf, wie jeder Besitzer eines Einfamilienhauses oder einer Wohnung möglichst energieautark werden kann. Sehr lesenswert auch das Kapitel über die „Irrwege der Energiewende“.

Der Energierebell, Leopold Stocker Verlag, 159 Seiten, 19,90 Euro

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Die deutsche Energiewende, die auf einem Ausstieg aus Atomkraft und einem Ausbau von Wind- und Sonnenenergie abzielt, setzt den großen europäischen Stromkonzernen mächtig zu. Sie leiden unten extrem tiefen Großhandels-Strompreisen, ausgelöst durch das stark wachsende Ökostromangebot bei gleichzeitiger Beibehaltung der konventionellen Kraftwerke. Die Energiekonzerne lobbyieren daher heftig gegen die Energiewende. Claudia Kemfert, Energie-Ökonomin am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), ist engagierte Fürsprecherin der Energiewende in Deutschland. In dem Buch räumt sie mit zehn Mythen auf, die von Gegnern gerne gegen den Ökostrom verwendet werden. Sie erklärt in verständlichen Worten, wie die Energiewende bis 2022 zu schaffen ist, was von drohenden Blackouts, fehlenden Stromnetzen und hohen Preisen zu halten ist. Man mag mit den Argumenten einverstanden sein oder auch nicht. Das Buch ist eine Bereicherung in der Ökostrom-Diskussion.

Kampf um Strom. Murmann, 142 Seiten, 17,30 Euro

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Das Finanzlexikon beginnt wie alle Lexika mit dem Buchstaben A. Erläutert wird die „Abartige Entwicklung“. Gemeint ist die ungebremste Wirkung der Kapitalvermehrung.

Der Buchstabe B behandelt „Banken und die Folgen ihrer Geschäftspolitik“. Dabei werden auch „Blasen“ – „die platzen irgendwann“ – und „Boni“ unter die Lupe genommen. Das Buch des deutschen Lehrbuch- und Lexika-Autors Günter Wierichs rückt „meist langweilig und abstrakt daherkommende Begrifflichkeiten und Phänomene aus der Finanzwelt“ in ein neues Licht. Begriffe wie Libor und Euribor, Rettungsschirm oder Stresstest werden erfrischend anders erklärt oder besser gesagt interpretiert. Die Kritik wirkt zeitweise wie ein Pamphlet und das Lexikon wie eine Kampfschrift gegen herrschende Strukturen. Von Objektivität keine Spur. Irgendwie doch ein Etikettenschwindel.

Das kritische Finanzlexikon. Westend, 348 Seiten, 17,50 Euro

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Auch dieses Buch versucht den Lesern auf recht ungewöhnliche Art die Wirtschaft zu erklären und dabei die Lügen so mancher „Lobbyisten“ zu entlarven. Dabei holt Ulrike Herrmann, Wirtschaftskorrespondentin der deutschen Tageszeitung taz, aber weit aus und beschreibt, wie sich das Wirtschaftssystem überhaupt entwickeln konnte. Nach der Erkenntnis, dass es in einer endlichen Welt kein unendliches Wachstum geben kann, warnt Herrmann vor den Folgen einer (gewollten) Deflation wie in Japan.

Fazit: Geld allein ist machtlos und erzeugt keinen Wohlstand. Kapitalismus ohne den Staat ist auf Dauer nicht lebensfähig. Spekulationen erzeugen nur unproduktive Buchgewinne. Gelingt es nicht, diese Gewinne rechtzeitig abzuschöpfen, wird die nächste Krise mehr hinwegfegen als die beiden letzten. Ein Buch als Mahnung und Warnung zugleich.

Der Sieg des Kapitals. Westend, 288 Seiten, 20,60 Euro

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In seinem ersten Buch „Betriebsdesaster“ trieb der selbst ernannte „Unternehmensvernichter“ Christian Pongratz Betriebe in den Ruin, um daraus Lehren zu ziehen. „Erfolglos“ handelt nun vom ganz persönlichen Desaster, vom Scheitern in allen Lebenslagen.

Wichtigste Zutat für ein sicheres Scheitern ist die eigene Einstellung: Mutlosigkeit, Ignoranz, Entscheidungsschwäche oder Unverbindlichkeit. Aber keine Sorge, die Erfolgscoaches warten schon: „Es wird bald nichts und niemanden mehr geben, der nicht gecoacht wird“, schreibt Pongratz und macht sich über die vielen Berater und Zukunftsforscher lustig. Die Skepsis vor jenen, die wissen, wie „man es richtig macht“ zieht sich durchs ganze Buch. Der Kärntner Pongratz verdient sein Geld als Berater und Wirtschaftskabarettist.

erfolgLos. anleitungen.zum.scheitern.mit.stil. durchdacht.cc, 144 Seiten, 24,50 Euro

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Wussten Sie, dass der Slogan der Drogeriekette dm „Hier bin ich Mensch, hier kauf ich ein“ ein Goethe-Zitat ist? Naja nicht ganz, denn Goethe war bei einem Osterspaziergang von der Schönheit seiner Umgebung beeindruckt: „Hier bin ich Mensch, hier darf ich’s sein.“ Nur eine von vielen kleinen „Schnurren“, die dm-Gründer Götz W. Werner in seine Autobiografie hineingepackt hat.

Der „Zahnpasta-Verkäufer“ wie er sich selbst nennt, schildert darin, wie er quasi aus dem Nichts sein Drogerie-Imperium aufbaute, zum Verfechter moderner Managementmethoden wurde und als Vorkämpfer für ein bedingungsloses Grundeinkommen durchs Land zieht. Auch Ex-Konkurrent Schlecker und dessen „krankhafter Geiz“ wird thematisiert. Interessante Lektüre eines philosophischen und trotzdem bodenständigen Unternehmers und Visionärs.

Womit ich nicht gerechnet habe. Die Autobiografie. Econ Verlag Berlin, 304 Seiten, 20,50 Euro

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Der Autor, ein ehemaliger FBI-Agent, hat mehr als 200 „verdächtige“ Verhaltensweisen zusammengetragen, die auf Täuschung oder Lüge hinweisen. Wenn etwa der Gesprächspartner an seinen Haaren zieht, steht er vermutlich unter Stress, das Ziehen soll ebenso beruhigend wirken wie etwa das Pressen der Hand auf die Stirn. Ein schiefer Blick symbolisiert laut Autor Zweifel, Geringschätzung oder Verachtung. Das verstohlene Berühren der Nase sieht er als untrügliches Zeichen dafür, dass der Gesprächspartner versucht, Stress zu kaschieren. Wer das Kinn aufstützt, ist vom Gespräch – ohne es zuzugeben – sichtlich gelangweilt. Wer mit den Fingerknöcheln knackt, will sich – so der Autor – beruhigen. Nägelkauen gilt als Zeichen der Unsicherheit und soll Stress abbauen. Mit dem Übereinanderschlagen der Beine wird oft versucht, eine Barriere aufzubauen.

Der kleine Lügendetektor. Ein praktisches Handbuch. mvg Verlag, 100 Seiten, 5,20 Euro