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Zwischen Euphorie und Angst

Die Dokumentation „Heil Hitler, die Russen kommen“ (23.00 Uhr, ORF 2) von Simon Wieland und Andreas Kuba erzählt die Geschichte von Menschen zwischen Hakenkreuz und Sowjetstern. Im Osten Österreichs erlebte die Zivilbevölkerung den „Endkampf“ hautnah wie sonst nirgendwo im Land: Der Film thematisiert die Euphorie beim Einmarsch Hitlers, die Angst während des Krieges und die Zeit der Besatzung nach 1945.

Die beiden Filmemacher haben die Dokumentation in den vergangenen zwei Jahren auf einer Roadtour in Niederösterreich sowie in einigen Kinos gezeigt – vor mehr als 15.000 Zusehern. Das Besondere an dieser Doku ist, dass ausschließlich Zeitzeugen ihre persönlichen Geschichten „zwischen Hakenkreuz und Sowjetstern“ erzählen, ohne Sprecher, ohne Historiker, und sich diese Aussagen durch den Schnitt zu einer gemeinsamen Geschichte verdichten.

Tabu

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Als Adolf Hitler Wehrmachtstruppen in Österreich einmarschieren ließ, waren die Protagonisten des Films zwischen sechs und 16 Jahre alt. „Wir sind wie ein Geschichtsbuch. Aber auch in einem Geschichtsbuch muss man blättern“, sagt eine Zeitzeugin. Viele von ihnen reisten damals nach Wien, erhoben ihre Hand zum „Führer“, ... „bis sie wehgetan hat.“

Ehrlich und intim, wie man es selten gehört hat, berichten und reflektieren die Frauen und Männer über ihr Schicksal, insbesondere über die Massenvergewaltigungen durch die Russen, und brechen ein jahrzehntelanges Tabu.

In 13 Kapiteln von „Heil Hitler“ bis „Die Russen kommen“ wird individuell erlebte Geschichte erzählt – authentisch und einprägsam. Diese persönlichen Erlebnisse eröffnen die freie Sicht auf eine ungeahnte Gewaltdimension – die immer noch spürbar ist.

Die Geschichten hinter der großen Geschichte zu erzählen und hinter der historischen Faktizität hervorzuholen: Darin liegt der neue Ansatz dieser Dokumentation. Rasch wird klar, dass die Kinder von damals ihr Erlebtes mit und in sich tragen.

Jetzt, im Herbst ihres Lebens, blicken sie zurück und es zeigt sich auf sehr eindringliche Weise, wie sehr sie verdrängen und sich arrangieren mussten mit ihren psychischen und physischen Verletzungen.