TV-Sender-Image wirkt auf Programm- und Werberezeption
Mediaplus setzte in dieser vergleichenden Analyse - beispielsweise wurden verschiedene Formate des selben TV-Inhalte-Genres einander gegenüber gestellt - auf das Steady State Topography genannte Verfahren.
Damit wird untersucht, wie aufmerksam Zuschauer TV-Programmen und Programmteilen folgen, ob Programm- und Werbe-Inhalte individuelle Relevanz haben und in das Langzeit-Gedächtnis transferiert werden. Weiters kann mit diesem Verfahren nachvollzogen werden, wie intensiv Rezipienten von gesehenen Fernseh-Inhalten emotional berührt werden und welcher Art diese Gefühle sind.
Mediaplus sieht mit dieser Studie, die mit Neuro:Impact betitelt ist, den Beweis erbracht, das ein Sender-Image sowohl die Wirkung des eigenen Programms als auch auf die Werbeblock-Rezeption abstrahle.
"Wir wissen aus vorhergehenden Studien, dass eine emotionale beziehungsweise 'positive' Verarbeitung eines TV-Programms sich auch positiv auf die Verarbeitung von Werbespots im Gehirn auswirkt. Und wir wissen auch, dass die Botschaften von gut zum Programm-Umfeld passenden Spots ebenfalls besser verarbeitet werden und leichter ins Langzeit-Gedächtnis eingehen", resümiert Barbara Evans, Geschäftsleiterin Strategic Insights bei Mediaplus.
Im Falle von ORF eins und ORF 2 kam mittels Neuro:Impact zutage, dass die vorhandene Wahrnehmung der beiden Sendermarken dazu führe, dass Programm und Werbung "emotionaler wahrgenommen werden" als bei den österreichischen Privatsendern, die in diesen Vergleich gestellt wurden.
Und das absehbare Ergebnis dieser Untersuchung liest sich dann so: "Die sehr gute Verarbeitung der Umfelder und das höhere Aufmerksamkeitsniveau der Zuschauer wurde dort auch am stärksten in die Werbeblöcke übertragen. Weshalb die beiden öffentlich-rechtlichen Sender zu den wertvollsten Werbeplattformen der österreichischen TV-Landschaft zählen. ORF eins und ORF 2 liegen auch hinsichtlich Seriosität, Qualität, Authentizität, Ehrlichkeit und Kompetenz vor der Konkurrenz und genießen das Vertrauen der Zuschauer."
Die Privatsender liegen in diesem ungleichen Vergleich im Segment Unterhaltung knapp vorne.
Mediaplus nennt den sogenannten Abstrahleffekt als mitentscheidenden Wirkmechanismus. Denn, "je überzeugender die Quelle einer Botschaft eingeschätzt wurde, desto glaubwürdiger war auch der Inhalt der Botschaft selbst bewertet worden. So wirkten beispielsweise identische Programm-Ausschnitte mit daran folgenden Werbeblöcken auf ORF eins und ORF 2 besser als bei den Privatsendern". Was immer auch sich hinter diesem "teils besser" für Qualitätsfaktoren verbergen mögen!
Evans schlußfolgert: "Der Image-Transfer von der Sendermarke auf den Programm-Inhalt ist ein nicht zu unterschätzender Einflussfaktor. In Bezug auf die Werbewirkung sollte deshalb nicht nur darauf geachtet werden, dass die zu bewerbende Produktmarke zum Programm und Programm-Umfeld passt, sondern die Produktmarke auch zur Sendermarke."
Weshalb vergleicht sich der ORF auf Wirkungseffekte- und Rezeptionsebene mit den Privatsendern, von denen sich das Unternehmen sonst immer versucht so deutlich als möglich abzuheben? Da wird dann mit Public Value, Demokratie-Sicherung, Qualitätsjournalismus für sich und gegen die Privatsender argumentiert.
Wieso wird ORF 2 mit seiner öffentlich-rechtlichen Programmierung in diesen Vergleich mit Privatsender gezwängt? Wäre es nicht angemessener ORF 2-Zuschauer mit den österreichischen Sehern von ZDF und ARD zu vergleichen?
Privatsender müssen, nicht zuletzt aufgrund des wirtschaftlichen Druckes mit teilweise konträren Gestaltungs- und Wirkungsmechanismen arbeiten als dies ein öffentlich-rechtlicher ORF tun müsste! Und obwohl auf ORF eins noch mit sehr ähnlichen, Reichweiten stimulierenden Effekten gearbeitet wird.
Es lässt sich bestenfalls ORF eins mit den Privatsendern in Vergleich setzen. Ob aus Mediaplus-Studie hervorgeht ob How I met your Mother, Der coole Onkel Charlie oder Die Simpsons bei ORF eins anders und besser als bei ProSieben wirken, ist fraglich. Gut, in der Unterhaltung haben die Privatsender ja knapp die Nase vorne.
Und wie lässt sich jahrzehntelange Rundfunk-Geschichte und vollständige Durchdringung eines konservativen, ziemlich spät liberalisierten Fernseh-Marktes, der noch dazu von wenig progressiven Mediennutzern dominiert wird und vom ORF "miterzeugt" wurde, mit jungen, neu geschaffenen Sendern oder "überschwappenden" TV-Programmen, deren Regionalisierung und Lokalisierung in einem erst zu machenden Werbemarkt erwirtschaftet werden muss und mußte, zu vergleichen?
Aus dieser Historie heraus leiten sich unterschiedlich starke Sendermarken in Österreich ab, deren Images in weiterer Folge auf die Werbewirkung einwirken.
Dieser auf neurologischer Analyse basierende Vergleich wirkt, von Außen betrachtet, genauso schief wie das gesamte duale System in Österreich.