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"Rising Star": RTL zieht nun den Stecker

Bei der jüngsten Ausgabe von „Rising Star“ am Samstagabend sind in der RTL-Zentrale offenbar die letzten Sicherungen gefallen: Die groß beworbene Showhoffnung „Rising Star“ hatte nur mehr 1,11 Millionen Zuschauer. Der Marktanteil in der Zielgruppe der 14- bis 49-Jährigen: Gerade noch 5,9 Prozent. „Rising Star“ geriet damit zum Sinnbild für einen Flop. Nicht nur in Deutschland: In Österreich sahen gerade einmal 109.000 zu. RTL wurde damit sogar sowohl von ATV („Criminal Minds“) als auch Puls4 („Lugner und Spatzi“) abgehängt.

RTL handelt

Bei dem Kölner Unterhaltungsriesen zieht man daher einen radikalen Strich: Bereits am Donnerstag läuft das Finale von „Rising Star“, wie der Sender am Montagnachmittag mitteilte. Die Abschiedsshow, die erst am 2. Oktober geplant gewesen wäre, läuft von 20.15 Uhr bis Mitternacht. RTL beendet damit „aufgrund zu geringer Zuschauerresonanz vorzeitig die Staffel“, wie der Sender nüchtern mitteilte. Statt der geplanten zehn Folgen mit dem Finale am 2. Oktober wird der Sieger in der siebten Folge gekürt. Auf den bisher für „Rising Star“ eingeplanten Sendeplätzen werden bis zum 2. Oktober Spielfilme gezeigt. Damit zog nach ProSieben, das nach der Enttäuschung mit „Catch the Millionaire“ in der Vorwoche den gleichen Schritt vollzog, auch RTL vorzeitig den Stecker. Bereits am Sonntag waren entsprechende Pläne kursiert.

Innovatives Format

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Dabei wäre "Rising Star" ein recht innovatives Format, leider in einem schwächelnden Genre: Castingshows haben es zunehmend schwerer beim Publikum, wie auch die schlechten Quoten von "Deutschland sucht den Superstar" beiRTLzeigten. Das neue Format versuchte, die Zuschauer stärker in die Sendung zu holen: Wer abstimmte, hatte die Chance auf der "Rising-Star"-Wall im Studio zu erscheinen. Als Juroren dienen Pop-Star Anastacia, der deutsche Reggae-Musiker Gentleman, die Soul-Queen Joy Denalane, und der Singer-Songwriter Sasha.

Als RTL noch RTL plus hieß und die Privatsender noch spöttisch beäugt wurden, probierte Programmchef Helmut Thoma es 1990 mit Nackten: Die Erotikspielshow "Tutti Frutti" ließ besorgte Bürger ebenso wie die empörten Kritiker der Tageszeitungen Sturm laufen. Nichts weniger als die "vollzogene Normalisierung öffentlich inszenierter Nacktheit" wurde dem Sender vorgehalten, eine Formulierung, die sich heute ebenso spröde wie prüde liest. Drei Jahre nach der Einführung der Show hatte RTLplus den bis dahin größten Marktanteil in Deutschland und erreichte 18,9 Prozent der Deutschen. Fast zeitgleich wurde das "plus" aus dem Namen gestrichen und die Skandalshow wieder verräumt. So gut ging es dem Sender später nie wieder mit der Sehergunst.

Ausgemottet

Zwei Jahrzehnte später lag der Marktanteil nur mehr bei 11,3 Prozent (Ende 2013) und der Sender mottet die Nackten wieder aus: In der Kuppelshow "Adam sucht Eva" gibt es seit Donnerstag jede Woche zwei völlig Unbekleidete zu sehen, die auf einer romantischen Insel entscheiden, ob sie ein Paar werden sollen.

Allein: Die Seher haben in den vergangenen Jahrzehnten offenbar schon genug nackte Haut gesehen. 1,95 Mio. Zuschauer und 9,9 Prozent Marktanteil im Heimatmarkt beim Auftakt waren weit von einem Hit entfernt.

Der Stern geht nicht auf

Das ist nicht die einzige Enttäuschung für den Privatsender: Denn auch die groß beworbene Casting-Show "Rising Star" mit US-Star Anastacia floppte. Zeitgleich versucht RTL, sein angeschlagenes Casting-Flaggschiff "Deutschland sucht den Superstar" wieder flott zu bekommen. Das Format mit Dieter Bohlen als scharfzüngigem Juror wird dazu nun mit einem noch älteren Star aufgepeppt. Schlagersänger Heino (75) wird nun wirklich in der Jury sitzen, wie der Privatsender am Freitag nach tagelangen öffentlichen Spekulationen endlich bestätigte. Bei "DSDS" ist quotenmäßig schon seit Längerem der Wurm drin: Staffel zehn im Jahr 2013 lag mit rund 21 Prozent bei den jungen Sehern so schlecht wie noch nie.

Die Neuerungen für das heurige Jahr, wo unter anderem sogenannte Challenges eingeführt wurden, zogen ein wenig besser an, um dann im quotentechnisch schlechtesten Finale bisher zu münden: 18,1 Prozent Marktanteil bei den werberelevanten jungen Sehern hatte sogar das Finale im Flopjahr 2013 übertrumpft.

Hausgemacht?

Sendergründer Thoma, der RTL bis 1998 führte, hält die Quotenkrise für hausgemacht, wie er zum KURIER sagte. In die Inhalte sei seit Jahren nichts mehr investiert worden, was aber auch auf die anderen großen deutschen Privatsender um ProSiebenSat.1 zutreffe. Wirtschaftlich macht das aus seiner Sicht auch durchaus Sinn: "Die beste Form, die Renditen hochzuschrauben ist es, die Kosten im Programm herunterzufahren." Privatsender wollten schließlich "Gewinne machen und nicht Programme veranstalten." Er sieht in den beiden großen Sendergruppen um RTL, ProSieben und Sat.1 ein Oligopol: Gemeinsam hätten diese 85 Prozent Marktanteil am kommerziellen Segment. "Sie haben praktisch keine Konkurrenz und müssen daher auch nicht investieren."

Die Vorbereitungen für Staffel zwölf von "DSDS" laufen unterdessen auf Hochtouren: In 48 Städten werden Talente gecastet. Am 9. September wird Neo-Star Heino das "DSDS"-Casting in Frankfurt besuchen und den jungen Gesangstalenten Tipps geben. Vielleicht hat er ja auch für RTL die eine oder andere Idee übrig. Der Sender könnte es gerade brauchen.