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ORF-TVthek als Zukunftshoffnung

Für ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz ist die ORF-TVthek ein wichtiges Mittel, um auch an jene heran zu kommen, "die sich nicht mehr so oft vor dem Fernsehgerät im Wohnzimmer einfinden." Er setzt zwar in den nächsten fünf Jahren auf die Dominanz des linearen Fernsehen. "Wir müssen aber mit beiden Beinen, also auch nonlinear, spielen können."

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Das tut die im November 2009 gestartete VoD-Plattform bereits sehr gut: Sie bietet mehr als 200 als Video-on-Demand angebotene Sendungen, über 200 Live-Streams und zahlreiche kultur- und zeithistorische Videoarchive. Just zum Geburtstag verbuchte sie laut ÖWA im zweiten Quartal den neuen Rekordwert von einer Million User. Die TVthek ist nicht nur online, sondern auch mobil sowie über Smart-TV und HbbTV verfügbar. Voraussichtlich ab Dezember gibt es sie auf der Xbox one und 2015 soll es auf der TVthek HD-Videos geben. Motor dahinter ist derORF-Online-Chef und stv. Technik-Direktor Thomas Prantner.

atmedia.at: Die TVthek feiert den fünften Geburtstag. Wie lautet Ihre Bilanz?

Thomas Prantner: Die ORF-TVthek ist eine Erfolgsstory und die Gründung einer ORF-Videoplattform 2009 in der damaligen Onlinedirektion war sicher einer der ganz zentralen Milestones bei der Weiterentwicklung des ORF von der alten Rundfunkanstalt in ein modernes Medienunternehmen. Die neue Multimediastrategie von Generaldirektor Wrabetz in Richtung Verschränkung und Vernetzung von TV und Online war die entscheidende Voraussetzung für den Start der TVthek am 16.11.2009. Innerhalb von 5 Jahren haben wir es geschafft, die TVthek zur größten österreichischen Videoplattform zu entwickeln: Monatsreichweite über 1 Million Unique User, mehr als 4 Mio. Visits und bis zu 25 Millionen Videoabrufe auf ORF.at-Sites, der überwiegende Teil davon auf der TVthek.

Ist die optische und inhaltliche Entwicklung nun abgeschlossen?

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Wir bieten jetzt schon alle Eigen-, Auftrags- und Co-Produktionen sowie öffentlich-rechtlichen Kaufproduktionen, an denen wir Lizenzrechte haben, auf derORF-TVthek als VoD und als Livestream an – das ist rund 70 Prozent des gesamtenORF-Fernsehprogramms aller vier TV-SenderORFeins,ORF 2,ORF IIIundORF SportPlus. Das sind bereits mehr als 200 Sendungen und Sendereihen, da ist kaum noch mehr Content möglich. Die unbefristet abrufbaren kultur- und zeitgeschichtlichen Videoarchive werden wir ausbauen - speziell für die Nutzung in Schulen und Bildungseinrichtungen im Rahmen der Aktion 'ORF-TVthek goes school'. Darüber hinaus planen wir eine "MyORF-TVthek"-Funktion, weil wir noch mehr auf die individuellen Programm- und Themenwünsche der User eingehen wollen.

Der ORF engagiert sich mit Flimmit im VoD-Bereich. Gibt es Berührungspunkte zwischen den Portalen?

Der ORF hat sich im Sinne der "Strategie 202" an der kommerziellen österreichischen Video-on-Demand-Plattform Flimmit beteiligt. Damit tragen wir dem rasant steigenden Trend nach zeit- und ortsunabhängiger Nutzung von TV-Content Rechnung. Sicher wird es im Sinne einer konzernweiten Wertschöpfungskette Abstimmungsprozesse zwischen Flimmit und der TVthek geben, aber im Wesentlichen weisen die Angebote kaum Überschneidungen auf. Der überwiegende Teil des öffentlich-rechtlichen, kostenlosen ORF-TVthek-Angebots besteht aus politischer Information, Kultur, Geschichte, Wirtschaft, Sport und regionaler TV-Berichterstattung und das ist unser USP. Die kommerzielle Online-Videothek Flimmit soll Highlights österreichischer, deutschsprachiger und europäischer Qualitätsproduktionen beinhalten.

Die TVthek darf trotz heftiger Widerstände der Privaten auch vermarktet werden. Wie entwickelt sich die Werbung?

Die Vermarktung läuft – trotz der zahlreichen rechtlichen Beschränkungen - sehr gut und sie leistet einen wichtigen Beitrag zu den Online-Werbeeinnahmen des ORF. Die ORF-TVthek ist eine Premium-Marke des ORF und das spüren wir auch bei den Werbeerträgen.

Es steht eine kleine Reform des ORF-Gesetzes an. Gibt es die TVthek betreffend noch Wünsche?

Bei den Inhalten erhoffen wir uns eine Änderung gewisser rechtlicher Bestimmungen bezüglich der Abrufdauer von Sendungen auf der TVthek. Das betrifft etwa die 7-days-catch-up-Abrufdauer von fiktionalen Sendereihen, die über mehrere Wochen hin ausgestrahlt werden, oder die Bereitstellung von politischen Kaufdokumentationen, wie etwa über Richard Nixon, im TVthek-Archiv. Bei der Vermarktung wären Erleichterungen wünschenswert, diese betreffen aber ORF.at insgesamt.

Sie gelten politisch als blaue Reserve im ORF. Gegen Ihre Kür zum bis dahin nicht bekannten Titel des stellvertretenden Direktors wurde sogar juristisch vorgegangen. Wie sehen Sie Ihre Stellung im ORF? Haben Sie Ambitionen bei den nächsten ORF-Wahlen?

Sämtliche Versuche des Redakteursrates, gegen meine Bestellung als Online-Hauptabteilungsleiter und stv. Direktor bei KommAustria, BKS und Verfassungsgerichtshof juristisch vorzugehen, sind gescheitert und das ist daher für mich positiv erledigt. Zum Thema FPÖ sage ich nochmals ganz klar, dass ich es im Interesse des Unternehmens für entscheidend halte, zu allen im Parlament vertretenen Parteien eine intakte und positive Gesprächsbasis zu haben, selbstverständlich auch zu allen Oppositionsparteien und daher auch zur FPÖ. Zweitens ist es wichtig für die Glaubwürdigkeit und Unabhängigkeit des ORF als öffentlich-rechtliches Medienunternehmen, dass alle Parteien - selbstverständlich auch die FPÖ - in der Berichterstattung in TV, Radio und Online gleich behandelt werden. Die ORF-Wahlen sind für mich derzeit noch kein Thema, mein Vertrag als ORF-Onlinechef und stellvertretender Technik-Direktor läuft bis 2016. Schauen wir mal, wie sich alles entwickelt.