Österreichische Medientage: Medien neu erfinden
Von Peter Temel
Die 21. Österreichischen Medientage haben begonnen. Bis Donnerstag, 18. September trifft sich die Medienbranche zum Gedankenaustausch. Erstmals findet dieser im von Zaha Hadid entworfenen "Learning Center" der WU statt.
Die einleitende Keynote hielt Bertelsmann-Vorstand Thomas Rabe, der ein nur zu bekanntes Thema adressierte: "Chancen und Herausforderungen eines internationalen Medienunternehmens im Zeitalter der Digitalisierung", lautete der Titel seines Vortrags. Der Medienmanager hat klare Vorstellungen davon, was für eine erfolgreiche Bewältigung der digitalen Transformation notwendig ist. "Kreativität und Innovation sind absolut essenziell."Neben der Konzentration auf eigene Stärken umfasse das auch "ein besseres technologisches Verständnis".
Natürlich sehe sich die Branche einer "sehr anstrengenden, aber auch hochspannenden Zeit" gegenüber - und nicht zuletzt neuen Mitbewerbern. Hinsichtlich des von Medienmanagern oft gescholtenen Google meinte Rabe, das US-Unternehmen verfüge definitiv über gute Produkte, "aber wenn man eine derartige Marktposition erlangt, muss man sich im Zweifel nach bestimmten Spielregeln richten". Besonders "fair search" sei in diesem Zusammenhang ein wichtiges Thema.
Spielregeln für Medien
Nicht nur in Richtung Google richtete Rabe einen anderen Einwurf: "Wir brauchen eine angemessene Regulierung des Geschäfts." Von einem funktionierenden Urheberrechtsschutz bis zur "Rekalibrierung des Rundfunks" und der Frage des Datenschutz reiche dabei die thematische Bandbreite. Grundsätzlich sieht Rabe die "Charakteristika digitaler Medien jenen der analogen in vielen Fällen überlegen".
Rabe sieht "entgegen aller Vermutungen kein Reichweitenproblem", rechne man Print und Digital zusammen. "Wir haben nur das Problem, das auch angemessen zu monetarisieren." Der Aufbau einer "Kostenlos-Kultur" sei ein Fehler gewesen. Diesbezüglich kann sich Rabe durchaus "eine Art Netflix" für Zeitschriften vorstellen. "Das ist aber nur als konzertierte Aktion aller Verlage möglich."
"Äpfel statt Apple"
Um das Themenfeld Regulierung und Medienförderung ging es auch im ersten Diskussions-Panel der Medientage. Kritik wurde vor allem an der Medienpolitik der Bundesregierung geübt. ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz brachte es in die Kurzform "Äpfel sind wichtiger als Apple". Auf einen wirtschaftlichen Engpass durch die aktuellen Russland-Sanktionen werde sofort reagiert. Hingegen sei die Zukunft der Medien in der politischen Diskussion kaum präsent. Dabei handle es sich um "eine der wichtigsten Industrien des Landes".
Walter Ruck von der Wirtschaftskammer Wien plädierte für eine Aufhebung der Werbeabgabe, "sie bringt in der Einhebung wirklich wenig – weg damit".
Medienmanager Hans Mahr beklagte hingegen, dass seit Jahren immer die gleichen Themen diskutiert und beklagt würden: "Man nimmt uns nicht ernst – wir kommen nicht weiter". Es fehle auch in Deutschland an geeigneten Rahmenbedingungen, nicht nur in Österreich. Er forderte: "Weniger klagen, ein bisschen mehr machen", und zitierte den zurückgetretenen Vizekanzler Michael Spindelegger: "Entfesseln wir einmal die Kreativität."
Auch Bundesminister Josef Ostermayer (SPÖ) hätte heute an dieser Diskussion teilnehmen sollen. Ostermayer sagte aber kurzfristig ab. Grund sei die Erkrankung von Bundeskanzler Werner Faymann.
Kein Meinungspluralismus
"Es müssen Medien produziert werden, die gekauft werden. Nicht Medien, die um Presseförderung ansuchen können", unterstrich Manstein. Derzeit seien die einzelnen Titel "mehr oder weniger austauschbar", den viel bemühte Meinungspluralismus könne er nirgends erkennen. "Es kann daher dem Steuerzahler nur bedingt zugemutet werden, dass er Medien am Leben erhält."
Weiteres Programm
Am Nachmittag darf man dann auf den Vortrag der Gruner + Jahr-Vorstandsvorsitzenden Julia Jäkel gespannt sein, hat das deutsche Medienunternehmen doch jüngst mit einem harten Sparkurs für Schlagzeilen gesorgt.
Parallel dazu wird KURIER-Herausgeber Helmut Brandstätter an einer Diskussion über journalistische Ethik teilnehmen: "Wenn Journalismus und PR verschwimmen - ertrinken dann beide?"
Medien neu erfinden
Die Medientage wollen dieses Jahr Neuland betreten. "Re-Invent Media" lautet das Motto, wobei der Slogan nicht nur auf inhaltlicher Ebene zum Tragen kommt, sondern auch strukturell und organisatorisch Neues für den Kongress bedeutet.
Chancen
Zu einem "Fernsehgipfel" kommt es am zweiten Tag, wenn sich Vertreter von ORF, Puls4 und Sky am Podium treffen und über "neue Player, neue Plattformen, neue Märkte" diskutieren. Ein insofern passend gewähltes Thema, als zur selben Zeit in Wien der US-Dienst Netflix Näheres über seinen Österreich-Start im Herbst bekannt geben wird.
Offenes Forum
Neu ist der Abschluss der Medientage am 18. September: Ein "Open Media Space" richtet sich als offenes Forum an junge Menschen, die sich für künftige Tätigkeiten in der Medien-, IT- und Kommunikationswirtschaft interessieren. Große Konzerne werden sich hier ebenso vorstellen wie aufblühende Start-ups, um über die Möglichkeiten in der Szene zu informieren und "übergreifende Netzwerke zu ermöglichen", wie es in einer Ankündigung heißt.
"Neue Wege" beschreitet auch das US-Unternehmen Google, teils sehr zum Leidwesen heimischer Medienschaffender, wie gerade bei vergangenen Medientagen deutlich zum Ausdruck gebracht wurde. Wie eine fruchtbare Zusammenarbeit aussehen könnte, soll ebenfalls am Abschlusstag deutlich werden. Am Mittwoch spricht Google-Manager Santiago de la Mora über die Veränderung unseres täglichen Lebens durch die technologische Entwicklung.
INFOS: Zum 21. Mal findet Österreichs größter Medienkongress statt. Veranstaltungsort ist von Dienstag bis Donnerstag das Library & Learning Center auf dem Campus der Wiener Wirtschaftsuniversität. Der dritte Tag ist für die Medien-, IT- und Kommunikationswirtschaft als offenes Forum gedacht.