"Mama, warum hast du so wenig Geld?"
Von Anna Gasteiger
Seit Monaten kämpfen die freien ORF-Mitarbeiter um bessere Bezahlung – ohne Erfolg. Jetzt greifen sie zu einem drastischen Mittel und veröffentlichen anonymisierte Interviews mit Betroffenen. „Mama, warum hast du so wenig Geld, obwohl du immer so viel arbeitest?“ werde sie von ihren Kindern gefragt, sagt eine 42-jährige Ö1-Mitarbeiterin. „Mein Leben kann ich mir aktuell nur dank einer sehr günstigen Wohnung und finanzieller Unterstützung durch meine Eltern leisten,“ eine andere. Und eine dritte: „Der magere Verdienst bedeutet für mich, dass ich mit Mitte 30 lebe wie andere mit Anfang 20: Ich habe kein Auto, wohne in einer Bruchbude, mache keine Urlaubsreisen und bin gezwungen laufende Kosten (ja, auch die Heizung läuft nicht ständig!) niedrig zu halten.“ Eine 33-jährige Ö1-Mitarbeiterin: „In schlaflosen Nächten mach ich mir Sorgen, im Alter unter der Brücke zu landen.“
Solidaritätserklärung
Um den Forderungen Nachdruck zu verleihen, haben 476 angestellte ORF-Mitarbeiter eine Solidaritätserklärung unterschrieben, in der sie den Stiftungsrat und Generaldirektor Alexander Wrabetz dazu auffordern, die Arbeitsbedingungen der Freien zu verbessern.
Für den Grünen Stiftungsrat Wilfried Embacher, auf dessen Antrag hin das Thema in der heutigen Sitzung thematisiert wird, ist es „hochgradig peinlich“, dass für das Problem noch keine Lösung gefunden wurde. Dass der Stiftungsrat sich heute auch mit der Frage auseinandersetzen muss, was passiert, wenn die Gebührenrefundierung nicht verlängert wird, könne davon nicht ablenken. Dem ORF droht 2014 ein Budgetloch von rund 30 Millionen Euro, falls die Politik sich nicht demnächst darauf einigt, ihm auch weiterhin die durch Befreiungen entgangenen Gebühren zu ersetzen.
Weiteres Thema in der heutigen Sitzung: Die immer wieder kehrende, die untote Standort-Debatte. Seitdem bekannt wurde, dass Wrabetz die Option auf den möglichen neuen Standort in St. Marx verlängert hat, herrscht wieder Verunsicherung. Anhänger eines Verbleibs am Küniglberg sind irritiert, weil sie die Sache schon in ihrem Sinne entscheiden glaubten. Und St. Marx-Befürworter wittern Morgenluft – Gerüchte über gröbere Probleme bei der Sanierung kursieren. Der ORF dementiert konkret kolportierte Probleme in Zusammenhang mit der Baustellenzufahrt.