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"Bild" stilisiert sich zur „APO“

Die Bild-Zeitung hat offensichtlich kein besonderes Vertrauen in Schwarz-Rot: Zu groß, zu stark, zu mächtig sei die Regierung mit ihrer Mehrheit – „ab heute haut Bild der Regierung auf die Finger“, titelt das Blatt daher. „Liebe Große Koalition, wir sind jetzt eure APO!“

Ein Kunstgriff der besonderen Art ist das: Denn das Wörtchen „außerparlamentarische Opposition“ hat in Deutschland bekanntlich eine ganz eigene Geschichte. Es steht symbolisch für jene Bewegung, deren größter Feind die Bild über Jahre war: Entstanden in den 1960er Jahren unter einer Großen Koalition, die über eine noch deutlichere Mehrheit verfügte als die jetzige, war es Sammelbegriff für all jene unzufriedenen Studenten, die ihr Mitspracherecht auf der Straße einforderten.

Damals stellte sich dieBildin klare Opposition zu jenen, die unter der Wortführerschaft Rudi Dutschkes gegen den „Muff unter den Talaren“ und die Tatsache, dass noch immer ehemals große Nationalsozialisten in hohen Ämtern saßen, demonstrierten. Dutschke bezahlte diesen Protest mit dem Leben: Er starb an den Folgen eines Attentats, das auf 1968 ihn verübt wurde. Damals hieß es angesichts der aufwiegelnden Berichterstattung: „Bildschoss mit“.

Die Opposition ist „zu links“

Heute beansprucht die Zeitung den Begriff für sich. Chefredakteur Kai Diekmann lässt dem „Koalitionsmonster“ ausrichten, dass man künftig ein wachsames Auge haben werde: „Dieses Parlament ist zu schwach. Seine Opposition zu klein. Und zu links. Das ist nicht gut für Deutschland!“, schreibt Diekmann.

Der Chefredakteur weiter: „Auf die Regierungserklärung von Angela Merkel wird künftig Oppositionsführer Gregor Gysi antworten. Der Mann, der die alten SED-Kader salonfähig machte. (…) Deshalb geht BILD in die Opposition. Und wird Außerparlamentarische Opposition. APO!“

Auf Twitter ist die Empörung über die Chuzpe der Zeitung groß: Kaum ein freundliches Wort findet sich dort über die Aktion der Bild. Der PR-Coup ist dem Blatt jedenfalls gelungen.