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Abgründiger neuer "Tatort" aus Kärnten

Der Moritz Eisner wird in einem Kärntner Steinbruch angeschossen. Ausgerechnet. „Du weißt doch eh, dass dort unten alles ein Politikum ist“, schimpft sein Chef. In der weiteren Folge schimpft er nur mehr am Telefon. Denn Eisner, nach dem Kopfschuss immer noch schwach und wirr, setzt sich über alle Anordnungen hinweg und in ein Taxi, das ihn nach Bad Eisenkappel fährt. An den Ort des Anschlags, an den er sich nicht mehr erinnern kann.

Harald Krassnitzers Darstellung eines hilflosen, älteren Mannes gehört zu den Höhepunkten des neuen „Tatorts“. Und Regisseur und Drehbuchautor Sascha Bigler gibt seinem Hauptdarsteller Raum. Die Szene, in der Eisner das düstere Wirtshaus des Dorfpatriarchen betritt, erinnert ein wenig an Josef Haders Ankunft in Josef Bierbichlers Hendlstation im „Knochenmann“. Man ahnt, hier lauert Abgründiges. Tatsächlich führen die Spuren zu einer Journalistin, die über Naziverbrechen in der Region recherchierte. Den Ermittlern, den „arroganten G’frastern aus Wien“, wird aber schnell zu verstehen gegeben, dass sie das nichts angeht. Andere Zeiten. Lange her. Und überhaupt: „Ihr Wiener habt's die Uhren, wir haben ja die Zeit.“

"Scheiß auf die Optik"

Vorurteile und Ressentiments spielen eine große Rolle in diesem Film – der aber auch in komplexen moralischen Fragen nicht wertet. Und ganz nebenbei noch Platz für subtilen Humor findet. In einer Szene befinden sich Eisner und Bibi Fellner (Adele Neuhauser) in einem ästhetisch ausgeklügelten Bild: ein Balkon mit Blumen, er sitzt auf einer, sie auf der anderen Seite (siehe unten). Und Eisner sagt: "Scheiß auf die Optik." In der zweiten Hälfte verzichtet Bigler zugunsten eines straffen Krimi-Finales auf die Spielereien. Der unkonventionelle Showdown hat fast etwas von James Bond – mit Daniel Craig, nicht Roger Moore.

KURIER-Wertung: **** von *****

Szenenfotos aus dem neuen Österreich-"Tatort":

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