Wirtschaft

Anleger nehmen vor dem Corona-Virus Reißaus

Wegen der Feiertage rund um das chinesische Neujahr sind etliche asiatische Aktienmärkte seit vergangenen Donnerstag geschlossen. Behördlich verordnet werden die Ferien sogar um zwei Tage verlängert, diese Börsen werden daher voraussichtlich erst Anfang nächster Woche aufsperren. An anderen Finanzmärkten reagierten die Anleger aber sehr wohl auf die Ausbreitung des Coronavirus. Zum Teil gab es kräftige Kursverluste. In Tokio etwa gab der Nikkei-Index gut zwei Prozent nach. Das war der größte Verlust seit fünf Monaten. Die europäischen und US-Aktienmärkte folgten mit ähnlichen Verlusten nach unten.

„An den Börsen herrscht eine Stimmung, als ob eine weltweite Epidemie ausgebrochen wäre“, wundert sich RBI-Chefökonom Brezinschek. „Da werden alle Branchen in Geiselhaft genommen.“

Ein Überblick über die Finanzmärkte

Aktienverlierer

„Die Loser sind klar, das sind Fluglinien, Hotel- und Casinobetreiber“, sagt Monika Rosen-Philipp, Chefanalystin im Private Banking der Bank Austria. Diese Branchen würden darunter leiden, dass viele Chinesen nicht verreisen können oder wollen. Etwa in die Sonderverwaltungszone Macau unweit von Hongkong, die wegen der großen Casinos und Einkaufszentren als beliebtes Reiseziel gilt.

Am Montag trennten sich Anleger scharenweise von Airline-Aktien. Bei der AUA-Mutter Lufthansa machte der Kurs-Sinkflug rund 4,5 Prozent aus, bei Air France-KLM ging es sogar um fast sechs Prozent nach unten. Die Aktien anderer Fluglinien, etwa easyjet, verloren ebenfalls kräftig, bei den Thai Airways etwa machte das Minus 7,5 Prozent aus.

Unter den Kursverlierern ebenfalls zu finden waren die Aktien von Luxus-Unternehmen wie LVMH, Hugo Boss, Christian Dior oder Burberry. Auch hier fürchteten die Anleger, dass chinesische Käufer zumindest teilweise ausfallen, weil sie zu Hause bleiben (müssen).

Rohstoffe

Ob Öl, Kupfer, Weizen, Mais oder Sojabohnen – an den Finanzmärkten ging zum Wochenstart die Angst um, dass die Nachfrage aus China nachlassen könnte. Der Preis für die für Europa wichtige Nordsee-Ölsorte Brent gab am Montag zwischendurch um mehr als drei Prozent nach. Das Tagestief lag bei 58,50 US-Dollar je Fass (zu 159 Liter). So billig war Rohöl zuletzt vor gut drei Monaten.

Kupfer wurde um 2,5 Prozent billiger. Das klingt nach keiner großen Dramatik, war aber bereits der neunte Tag mit Verlusten in Folge und damit die längste Verlustserie seit sechs Jahren. Kupfer gilt quasi als Seismograf für die künftige Entwicklung der Weltwirtschaft, weil es im Hausbau und bei Infrastrukturprojekten gebraucht wird. China ist der mit Abstand größte Importeur.

Gold

Fallen die Aktienkurse weltweit, wird oft Gold als vermeintlich sicherer Hafen angesteuert. So auch jetzt. Am Montag legte der Preis um 0,7 Prozent zu. Allerdings: Auch bei Gold ging die Angst um, dass die Nachfrage aus dem Reich der Mitte – etwa nach Schmuck – nachlassen könnte. Im Gefolge von Gold legte auch der Silberpreis leicht zu.

Währungen

Der Schweizer Franken gilt bei Investoren in Krisenzeiten als Fluchtwährung. Das stärkte den Franken zu Wochenbeginn weiter. Für einen Euro mussten am Montag weniger als 1,07 Franken bezahlt werden. Das war der tiefste Stand seit April 2017.

Ausreißer

Inmitten der Aktientristesse gab es aber auch einige Kursausreißer nach oben. Ein Beispiel dafür war das japanische Unternehmen Airtech, das Lüftungssysteme produziert, die vorwiegend in Krankenhäusern zum Einsatz kommen. Die Aussicht auf gute Geschäfte brachte am Montag ein Kursplus von 17 Prozent. Ebenfalls in Japan zu Hause ist Kawamoto, ein Unternehmen, das Medizinprodukte wie Gesichtsmasken produziert. Am Montag schnellte der Aktienkurs an der Tokioter Börse um fast 22 Prozent in die Höhe. Seit Anfang Jänner hat sich die Aktie bereits um rund 280 Prozent verteuert.

Kurs-Chancen

Die Aktien von Pharma-Konzernen sollten von der aktuellen Entwicklung profitieren können. Als Beispiel wird der US-Riese Gilead Sciences genannt. Der Schweizer Novartis-Konzern wiederum gilt zunächst nicht als großer Sieger, weil er eine Niederlassung in Wuhan hat – wo die ersten Coronavirus-Fälle aufgetreten sind. Der chinesische Online-Riese Alibaba könnte davon profitieren, dass viele Einkaufscenter in China jetzt so gut wie leer sind und daher mehr im Internet bestellt wird.