Wirtschaft

Alpine versenkte eine Milliarde bei Auslandsprojekten

Im Ermittlungsverfahren rund um die Fünf-Milliarden-Euro-Pleite des Baukonzerns Alpine hat die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) neue Munition erhalten. „Wir arbeiten mit den Insolvenzverwaltern eng zusammen und haben am Dienstag umfangreiche Berichte des Masseverwalters erhalten“, bestätigt WKStA-Sprecher Erich Mayer dem KURIER. „Wir beschaffen uns derzeit jene Dokumente, die wir für unsere Ermittlungen brauchen.“ Diese drehen sich um den Verdacht der Untreue, des Betrugs, der betrügerischen Krida und der Bilanzfälschung.

In den Berichten der Insolvenzverwalter Stephan Riel und Ulla Reisch bekommt die frühere Alpine-Führung wegen der „sehr risikoreichen und nicht profitablen Expansion“ ihr Fett ab.

„Diese Entwicklung der ausländischen Märkte verlief ohne erkennbar strategische Planung, sondern erfolgte zunächst auf Basis persönlicher Kontakte von Geschäftsführer Dietmar Aluta-Oltyan zu lokalen Partnern“, stellt Reisch fest. Ab 2006 setzte der neue spanische Eigentümer FCC den Kurs fort.

Nicht kostendeckend

So sollen vor allem die ganz großen Aufträge der ausländischen Niederlassungen „in erheblichem Umfang nicht kostendeckend“ gewesen sein, und zu überaus hohen Verlusten geführt haben.

Alleine 2012 schlugen sich die Projektgeschäfte im Ausland mit 520 Millionen Euro Verlust zu Buche. Seit 2008 wurden laut Riel 1,056 Milliarden Euro in Auslandsprojekte gepumpt und „versenkt“, ohne dass entsprechende Vermögenswerte gegenüber stehen. In den Bilanzen wurden „diese Mittelabflüsse überwiegend als Forderungen aus unverrechneten Leistungen“ dargestellt, Risikovorsorgen wurden aber keine getroffen.

Das Konzern-Management soll Maßnahmen im Rechenwerk „für nicht notwendig“ erachtet haben. Es dürfte offenbar davon ausgegangen sein, dass das Geld wieder hereinkommt. „Das wird noch näher zu prüfen sein“, meinen die Experten der Wirtschaftsprüfungsfirma BDO, die Riel beauftragte.

Scheitern vorhersehbar

Neben den „nicht kostendeckenden Billig-Offerten“ sei die Alpine-Expansion schon wegen der fehlenden Organisation der Auslands-Niederlassungen zum Scheitern verurteilt gewesen, resümiert Insolvenzexpertin Reisch. Es gab keine ausreichende Risiko-Beurteilung bei Anbotslegung bzw. Auftragsannahme und das Controlling der Projektkosten war „unzureichend“.

Im Alpine-Konzern, der zu besten Zeiten 15.000 Mitarbeiter hatte, gab es auch kein einheitliches EDV-System, keine einheitliche Buchhaltung und Personal-Datenbank. Zum Teil fehlten der Alpine das örtliche Know-how und die Marktkenntnisse, um die Aufträge erfolgreich abwickeln zu können.

Detail am Rande: Bei zwei 200-Millionen-Euro-Aufträgen in Singapur musste die Alpine großteils Arbeiter aus Indien und Bangladesch beschäftigen. Die sprachen laut Reisch aber kein Englisch und konnten nicht lesen: „Daher musste die Alpine den Arbeitern mit Bildern darstellen, was zu tun ist.“

Dass die Erkenntnisse der Insolvenzverwalter ins Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft einfließen, begrüßt Gerhard Weinhofer vom Gläubigerschutzverband Creditreform: „Wir Gläubigervertreter haben großes Interesse daran, dass die straf- und zivilrechtliche Verantwortung im Insolvenzfall Alpine geklärt wird.“