„2000 bis 3000 Pfleger würden sofort nach Österreich kommen“
Von Andrea Hodoschek
Ab 2030 werden in Österreich rund 20.000 Betreuer für die 24-Stunden-Pflege fehlen, warnt UNIQA-Chef Andreas Brandstetter. Der Versicherungskonzern fokussiert sich stark auf die Bereiche Gesundheit und Pflege und ist an der Heimpflegeagentur Cura Domo beteiligt.
„Wir verstehen nicht, warum Personenbetreuer nicht auf der Mangelberufsliste stehen“, sagte Brandstetter am Dienstag im Klub der Wirtschaftspublizisten. Er schätzt, dass alleine in Serbien und Bosnien 2000 bis 3000 Pfleger sofort nach Österreich kommen würden, aber nicht die Genehmigung haben. Für Jobs, die auf der Liste der Mangelberufe stehen, erhalten Nicht-EU-Bürger leichter die Rot-Weiß-Rot-Karte und können damit in Österreich arbeiten.
Die UNIQA wird weitere 245 Millionen Euro in ihre Privatspitäler investieren. 180 Millionen Euro dafür in den Neubau der Confraternität und die Renovierung des Goldenen Kreuzes. Man sehe sich „nicht als Konkurrenz, sondern als Ergänzung des staatlichen Gesundheitssystems“, erklärte Brandstetter. Die öffentlichen und privaten Gesundheitsausgaben sind in Österreich bereits höher als 50 Milliarden Euro. Der Versicherungschef wies auf das Missverhältnis zwischen Reparaturmedizin (98 Prozent) und Prävention hin.
Signa-Anleihe
Die UNIQA zeichnete 2016 eine Signa-Anleihe mit 30 Jahren Laufzeit im Nominale von 80 Millionen Euro. Bis dato habe die Immo-Gruppe von René Benko pünktlich getilgt, sagte Brandstetter. Im schlimmsten Fall, also bei einem Totalausfall, würde sich der Verlust mit 25 Millionen Euro in der Gewinn-und-Verlust-Rechnung niederschlagen. Der Rest sei im Eigenkapital „sehr leicht verschmerzbar“. Man müsse diese Summe in Relation zu den gesamten Kapitalanlagen der UNIQA von rund 21 Milliarden Euro sehen. Er glaube nicht, dass die Lage der Immobilien-Branche einen negativen Effekt auf die Versicherungen haben könnte.
"Mehr Mut"
Nur zehn Prozent der Kapitalanlagen stecken derzeit in nachhaltigen, grünen Investments. Brandstetter bedauerte die mangelnden Investitionsmöglichkeiten, hauptsächlich wegen der extrem langen Verfahren. Die Denke, "Österreich kann als kleines Land gar nichts tun, entzieht sich meiner Logik", meinte Branstetter. Er apellierte an alle Parteien, bei der Erreichung der Klimaziele mehr Mut aufzubringen und eine faktenbasierte Diskussion zu führen. Niemand wolle in seiner Nähe Windräder, ein Wasserkraftwerk oder Solaranlagen, "aber gleichzeitig wollen alle sauberen Strom aus der Steckdose".
Tempo 100
Der Verkehr sei der zweitgrößte Emittent an Treibhausgasen, erklärte Brandstetter. Bei Tempo 130 seien der Spritverbrauch und die CO2-Emissionen um ein Viertel höher als bei Tempo 100. Der Verkehrslärm reduziere sich um drei Dezibel, was vom menschichen Ohr als Halbierung des Geräuschpegels wahrgenommen werde. Auch er fahre gerne Auto, sagte Brandstetter, "aber wir müssen unser Verhalten anpassen und nicht nur auf das technologische Wunder warten".