Ein Land vertraut seinem Trainer
Die Niederländer sind sehr kreativ, wenn es darum geht ihrer WM-Euphorie Ausdruck zu verleihen. Jede Berufsgruppe findet dabei ihren eigenen Weg. Sexshops im Amsterdamer Rotlichtviertel legten vor dem heutigen Halbfinal-Duell gegen Argentinien (22 Uhr in São Paulo) orangefarbene Dildos und Kondome in die Schaufenster. Rein zufällig tauchte im Zoo von Groningen ein Seehund mit orangefarbenem Kopf auf. Man nannte ihn – ebenfalls purer Zufall – Robben.
Die Niederlande befinden sich im WM-Fieber, heute dürfte die Temperatur abermals ansteigen. Dabei setzt man das Vertrauen in Trainer und "Bondscoach" Louis van Gaal. Dem 62-Jährigen ist es gelungen, dem Team einen neuen Stil zu verpassen, wenngleich der Gegenwind in der Heimat einem Orkan der Entrüstung glich. Die Niederlande wichen vom traditionellen 4-3-3 ab und praktizieren nun ein 5-3-2, weil Van Gaal um die Schwächen in der Abwehr weiß und deswegen die Defensive verstärkt.
Bis auf seinen Dauerkritiker Johan Cruyff applaudieren ihm sämtliche Trainerkollegen. Dick Advokaat adelt ihn beispielsweise als "besten Coach der Niederlande aller Zeiten". Die Begründung: "Er hat immer den schwersten Weg gewählt. Wenn jemand mit diesem Team etwas erreichen kann, dann ist es Louis."
Das Vorspiel
Und dieser, nicht allen Mitmenschen sympathisch aufgrund seiner autoritären Art, fuhr vor der Partie die ersten psychologischen Geschütze in Richtung Argentinien auf. "Sie haben wenig Fußball gespielt bisher", urteilte er über den Gegner. Arjen Robben legte daraufhin nach. "Sie haben zwar einen gewaltigen Spieler, aber das bedeutet nicht, dass sich alles nur um Messi dreht."
Van Gaals Nachfolger als Bondscoach, kein Geringerer als Guus Hiddink, mischte sich ebenfalls ein in den munteren verbalen Schlagabtausch. "Natürlich haben die Argentinier Messi, der etwas Verrücktes machen kann, aber wir haben Robben."
Ob Robin van Persie mit von der Partie sein kann, ist noch unklar. "Ich weiß es nicht", antwortet Van Gaal auf die Frage, ob der Stürmer für Mittwoch fit sei. Van Persie laboriert an Magenproblemen.
Kopfschmerzen bereitet Van Gaal auch seine Abwehr. Diesmal muss er vielleicht auf seinen Defensiv-Chef Vlaar verzichten. Adäquat zu ersetzen wäre der Legionär von Aston Villa jedoch nicht. Vlaar gibt sich kämpferisch nach seiner Knieblessur. "Wenn keine Flüssigkeit im Gelenk ist, dann sollte es machbar sein. Ich kenne meinen Körper." Van Gaal hofft auch auf ein Mitwirken von De Jong im Mittelfeld.