Die serbische Suppenküche
Rund 150 Kilometer südöstlich der Hauptstadt Belgrad liegt die Stadt Paracin im Zentrum Serbiens. Durch die Stadt fließt der sonst sehr ruhige Fluss Crnical. Er war der Auslöser für die weitreichenden Überflutungen in der Stadt. Im Zuge der Regenfälle rund um den 15. Mai wurde Paracin von einer überraschenden Flut heimgesucht. Dass man darauf nicht einmal ansatzweise vorbereitet war, sieht man bereits am Rot-Kreuz-Stützpunkt in Paracin. Das Lager für die akute Katastrophenhilfe war im Keller und wurde komplett überflutet. Es konnte tagelang nicht betreten werden und alle Hilfsgüter darin wurden zerstört. "Wenn man sich das ansieht, weiß man, dass niemand mit so einer Flut gerechnet hätte. Das Katastrophenlager war deswegen im Keller, weil man in Paracin eher einen Bombenangriff erwartet hätte als eine Flutkatastrophe", erklärt Christoph Jahn, Hilfskoordinator des Österreichischen Roten Kreuzes (ÖRK) in Serbien.
Als eine der ersten Maßnahmen wurde nach dem Abzug des Wassers eine Suppenküche in der Rot-Kreuz-Station des serbischen Roten Kreuzes eingerichtet, um die über 1500 Haushalte mit Nahrungsmitteln zu versorgen. "Täglich kommen bis zu 700 Personen in die Suppenküche und nehmen in 95 Prozent der Fälle die Suppen und das Brot mit nach Hause, damit sie ihre Familie versorgen können", weiß Christoph Jahn, der sich bereits seit Juni in Serbien befindet und dort die Hilfseinsätze des ÖRK koordiniert. Von seinem Büro in der Zentrale in Belgrad wird aber nicht nur die Suppenküche betreut. "Nach der Notfall-Phase haben wir nun mit dem nachhaltigen Wiederaufbau begonnen. Dafür haben wir gemeinsam mit dem serbischen Roten Kreuz "Repair-Kits" zusammengestellt, die an die betroffenen Familien ausgegeben werden, um die Häuser wieder aufzubauen. Darin findet man Zement, Farbe, Verputz und auch Werkzeug wie Pinsel oder Farbrollen", so Jahn, der natürlich weiß, dass die Zeit drängt. "Der Winter kommt mit schnellen Schritten und in diesen Gebieten wird es sehr kalt."
Haus überflutet
Einer der Betroffenen, dessen Haus fast komplett von den Fluten verschlungen wurde, ist Miroslav Pantic. Seine Mutter wäre am Tag der Flut beinahe im Haus ertrunken: "Ich habe meine Mutter aus dem Wohnzimmer gerettet. Wir sind beide aufs Dach geklettert. Von dort konnten wir Stunden später mit dem Boot in Sicherheit gebracht werden." Für Pantic war es bis zum Tag der Flut unvorstellbar, dass man in seinem eigenen Haus ertrinken könnte: "Das Wasser kam so schnell, dass wir gar keine Chance hatten, uns vorher zu retten." Innerhalb von nur wenigen Minuten erreichte der Wasserstand eine Höhe von knapp über drei Metern. Vom Haus der Familie blieb nur eine nasse Ruine übrig, doch Miroslav Pantic zeigt sich nach der Übergabe des Repair-Kits durch das serbische und österreichische Rote Kreuz selbstbewusst: "Mit den vielen Spenden und der Hilfe aus Österreich können nicht nur wir, sondern alle betroffenen Familien wieder ihre Häuser und eine neue Existenz aufbauen."
Paracins Bürgermeister Sascha Paunovic hatte in den letzten Wochen nicht nur viel Beratungsarbeit zu leisten, sondern war auch körperlich voll im Einsatz. Denn nach der Flut musste man über 30 Tonnen Möbel und andere Gegenstände von den Straßen wegräumen. "Als das Wasser verschwand, sahen wir erst das gesamte Ausmaß der Zerstörungen", so der Bürgermeister, der von den Fluten am 15. Mai aus dem Schlaf gerissen wurde: "Ich bekam einen Anruf aus dem Nachbardorf, dass dort bereits Straßen und Brücken durch die Flut zerstört wurden."
Im Laufe des Tages wurde auch Paracin Opfer der Flut. Nach dem das Stadtzentrum unter Wasser stand, war der Ort am Abend bereits vom Rest der Welt abgeschnitten. "Die Flut kam derartig überraschend, dass wir nicht einmal Rettungsboote vor Ort hatten. Einige unserer Feuerwehrmänner können nicht einmal schwimmen. Wir wurden einfach hilflos von der Flut überrollt", schildert Paunovic die ersten Stunden nach der Flut. Da es von der eigenen Regierung keine Hilfe gab, war man froh, wie schnell das Rote Kreuz mit Hilfsgütern und Personal anrückte. "Ohne die vielen Spenden und der Hilfe aus Österreich hätten wir diese Krise wohl nicht überstanden", bedankt sich der Bürgermeister bei der Österreichischen Rot-Kreuz-Delegation im Zuge des Besuchs der Suppenküche in Paracin.