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Von alten und neuen Thronfolgern

Shocking! Seit Jahrzehnten haben wir uns daran gewöhnt, von den Royals mit Skandalen beliefert zu werden. Und dann das: Prinz William ist seit eineinhalb Jahren ganz brav verheiratet, und jetzt ist auch noch ein Thronfolger oder eine Thronfolgerin unterwegs. Aristokratie pur: Die Windsors werden uns doch nicht zu langweilen beginnen?

Die Angst der Prinzen

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Eher nicht, denn kaum war die Nachricht bekannt, begann sich die Welt um den Nachwuchs zu sorgen. Und man stellt sich die Frage, wie dieses Kind aufwachsen wird. Eines kann man heute schon sagen: Sicher ganz anders als die meisten seiner Ahnen, die mit Drill, Härte und Disziplin gepeinigt wurden und keine Schulen besuchen durften.

Mutter und Vater waren Respektspersonen, deren bloße Anwesenheit Angst einflößten, wie ein Satz König Georg V., des Großvaters der heutigen Queen, belegt: „Mein Vater (Edward VII.) hatte Angst vor seiner Mutter (Victoria), ich hatte Angst vor meinem Vater, und ich werde verdammt noch mal dafür sorgen, dass meine Kinder Angst vor mir haben.“ Das ist ihm in der Tat so gründlich gelungen, dass sein Sohn Georg VI. sein Leben lang gestottert hat.

Opa Majestät

Georg V. hat die Stellung des regierenden Monarchen auch seine Enkelinnen spüren lassen: Die heutige Queen und ihre jüngere Schwester Margaret mussten sich am Abend rückwärts schreitend unter ständigen Knicksen von ihrem Großvater mit den Worten verabschieden: „Wir wünschen Eurer Majestät eine friedliche Nachtruhe.“

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Dabei dachte, als Elizabeth 1926 zur Welt kam, kaum jemand, dass sie je Königin würde. Erst der überraschende Rücktritt ihres Onkels Edward VIII., der die geschiedene Wallis Simpson heiraten wollte, katapultierte Elizabeth im Alter von zehn Jahren auf Rang zwei der Thronfolge. Bis dahin hatte man fest damit gerechnet, dass Edward lange König sein und – möglichst männliche – Kinder
zeugen würde, die ihm nachfolgen sollten.

Wenig Bildung

Nun aber wandte man bei Elizabeth jene Erziehungsmethoden an, wie sie künftigen Regenten zugemutet wurden. Sie wurde von Gouvernanten und Privatlehrern erzogen, auf Bildung wurde weniger Wert gelegt als auf Disziplin, royale Haltung und den entsprechenden Umgang im Gesellschaftsleben.

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Die ersten Jahre ihrer Ausbildung waren lächerlich, Elizabeth hat kaum etwas gelernt. Es war ihre Großmutter, Queen Mary, die gegen diese Jahrhunderte alte Praxis protestierte und auf die Erziehung Elizabeths und Margarets Einfluss nahm. Sie gab ihnen Bücher, schickte sie zu Vorträgen und in Museen. Ab ihrem 13. Lebensjahr erhielt Elizabeth Geschichtsunterricht, nahm Deutschstunden (die bei Kriegsbeginn eingestellt wurden) und lernte Französisch. Dazu kamen Tanzen, Rechnen, Religion, Literatur und Reiten. Die Queen ist eine durchschnittlich gebildete Frau, deren Fähigkeiten und Talente aber kaum gefördert wurden. Dennoch ist nicht auszudenken, wie unwissend sie wäre, hätte ihre Großmutter nicht eingegriffen.

Wie Gefangene

Elizabeth und Margaret verlebten die Zeit als Königskinder im Buckingham Palace wie Gefangene, fast ohne Kontakt zur Außenwelt. Als einzige „Höhepunkte“ werden in ihren Biografien eine Fahrt mit der Londoner U-Bahn im Jahre 1939 und ihr sechswöchiger Arbeitsdienst erwähnt. Das erste große Abenteuer hatte Elizabeth 1945, als sie die Führerscheinprüfung ablegte. „Das war für mich die einzige Gelegenheit, bei der ich meine Fähigkeiten mit Gleichaltrigen messen konnte“, gestand die Queen Jahrzehnte später.
Noch schlimmer war 100 Jahre davor die Kindheit der Queen Victoria gewesen, die keine Spielkameraden hatte und mehr als mangelhaft unterrichtet wurde.

Kronprinz Rudolf

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Das englische Königshaus steht mit seinen Erziehungsmethoden nicht allein da, bei den Habsburgern war’s noch ärger. Dem autoritären General Gondrecourt oblag die Ausbildung Kronprinz Rudolfs, dem durch „Abhärtungsmaßnahmen“ bleibende psychische Schäden zugefügt wurden: Man schreckte den Dreijährigen nachts durch Pistolenschüsse und Kaltwassergüsse aus dem Schlaf, und als er sechs war, sperrte ihn der Erzieher allein in den Lainzer Tiergarten und rief ihm von außen über die Mauer zu: „Gleich kommt ein Wildschwein.“

Der kleine Thronfolger brüllte und lief um sein Leben, bis sich das Ganze als übler Scherz erwies, der Rudolf „Lebensertüchtigung“ verschaffen sollte. Erst als Kaiserin Elisabeth ihren Mann zu verlassen drohte, war Franz Joseph – der unter ähnlichen Umständen aufgewachsen war – bereit, Rudolf liberaler erziehen zu lassen. Aber da war die Seele des Kindes schon zerstört und der Weg zur Tragödie von Mayerling geebnet.

Ganz andere Zeiten

Zeiten wie diese sind natürlich längst vorbei. So wurde Prinz Charles bestens auf seine Aufgabe als künftiger König vorbereitet, er besuchte private Eliteschulen und absolvierte sein Geschichtsstudium in Cambridge. Auch Charles’ und Dianas Söhne gingen in Privatschulen: Prinz William ins berühmte Eton College, um danach Geografie und an der St Andrews Universität Kunstgeschichte zu studieren, wo er Ehefrau Kate kennenlernte.

Es war Juliana der Niederlande, die punkto königlicher Kindererziehung Pionierarbeit leistete: Sie war in den 1940er-Jahren die erste Monarchin, deren Thronfolgerin nicht private, sondern öffentliche Schulen besuchte und Kontakt mit der Bevölkerung hatte. Ihre Tochter, Königin Beatrix, lebt heute noch in dieser Tradition und hat ihre Kinder ebenso erzogen.

Und wenn die kleine Victoria oder der kleine Philip oder wie immer der jüngste Spross der englischen Krone heißen mag, so weit ist, wird man vielleicht auch bei den Windsors ähnlich denken.