Prinzessin Anne verband eine besondere Beziehung mit Vater Prinz Philip
Mit einer bewegenden Trauerfeier hat die britische Königsfamilie am vergangenen Samstag Abschied vom Ehemann von Queen Elizabeth II. genommen. Wegen der Corona-Pandemie fand die Zeremonie auf Schloss Windsor nur im kleinsten Kreis mit 30 Gästen statt - doch landesweit nahmen die Menschen Anteil. An allen Orten des Königreichs hielten sie zu einer Schweigeminute inne. Prinz Philip war am 9. April im Alter von 99 Jahren gestorben.
Philip galt als fleißiger Royal und ging erst im Alter von 96 Jahren in den Ruhestand. Sein letzter offizieller Auftritt war bei einer Militärparade der Royal Marines im August 2017 vor dem Buckingham-Palast. Ein Hintertürchen hatte sich "Rentner Philip" offen gehalten, nämlich als gelegentlicher Begleiter der Queen bei Terminen.
Wie der Vater, so die Tochter
Zu seinen vier Kindern soll Prinz Philip ein unterkühltes Verhältnis gehabt haben. Seine einzige Tochter, Prinzessin Anne, genoss angeblich eine besondere Stellung bei Philip - die heute 70-Jährige galt als sein Lieblingskind. So wie sie hätte er sich angeblich auch seine Söhne gewünscht: pflichtbewusst und unerschrocken. Bei den Streitkräften erinnerte man sich einst daran, wie sie einmal die britische Rheinarmee in Rheindahlen besuchte. Nach der offiziellen Begrüßung zog sie sich in ein Privatgemach zurück, wo bald darauf das Telefon klingelte: "Sorry Ma'am, aber wir haben eine Bombendrohung und müssen das Gebäude evakuieren." Woraufhin die Ehrenoffizierin eines Husarenregiments zurückgab: "Sie können das Gebäude evakuieren, wenn Sie wollen, aber ich nehme gerade ein Bad und habe die feste Absicht, es in Ruhe zu beenden." Anne sollte eben ganz nach ihrem Vater kommen - im Gegensatz zu Bruder Charles, dessen stoische Art eher der seiner Mutter ähnelt.
Anne Elizabeth Alice Louise kam 1950 als zweites Kind der damaligen Prinzessin Elizabeth in London zur Welt. Zur Krönung ihrer Mutter winkte sie neben Charles als blondes Kleinkind vom Balkon des Buckingham-Palasts. Unterricht bekam sie zunächst privat im Palast, später auf einem Internat in Südengland.
Mit ihrem Bruder Charles hatte sie oft die gleichen Probleme wie ihr Vater Philip: Seine Vorstellungen von Ökologie und Spiritualität waren für sie lange reine Spinnerei. In einem ihrer seltenen Interviews - bezeichnenderweise für die Fachzeitschrift Der Lebensmittelhändler - kritisierte sie einst Charles' Warnungen vor genetisch veränderten Lebensmitteln als "starke Vereinfachung".
Im Unterschied zu Charles hat Anne sich nie über ihre Kindheit beschwert. Während Charles vor seinem Biografen einst zugab, er habe darunter gelitten, dass seine Mutter kaum Zeit gehabt habe, gab sich Anne weniger weinerlich: "Ich denke einfach, es gibt nicht den geringsten Beweis dafür, dass sie keine sorgende Mutter war." Als junges Mädchen soll sie einmal zu einer Schulfreundin gesagt haben, als diese nach ihrer Mutter fragte: "Meine Mutter? Du meinst wohl Ihre Majestät, die Königin?"
"Sohn", den Philip nie hatte
Wie ihr Vater einst gilt Anne nach wie vor als eines der fleißigsten Mitglieder der britischen Royals - und wenn man das Gespür der beiden für den zielsicheren Tritt ins Fettnäpfchen vergleicht, sind gewisse Ähnlichkeiten auszumachen. Während der Queen-Gatte für unbedachte Aussagen berühmt war, geht mit Anne allerdings nur ab und zu das Temperament durch. Zwischendurch repräsentiert sie voller Fleiß. Sie nimmt fast so viele Termine wie die Queen wahr. Für Kinder und für Sport setzt sie sich besonders gerne ein. Unter anderem engagiert sie sich als Präsidentin des Kinderhilfswerks Save the Children. Sie ist Schirmherrin oder Präsidentin von rund 340 Organisationen, darunter "Save the Children". 2014 nahm sie 528 offizielle Termine in Großbritannien und im Ausland wahr.
"Manches ist in den Genen, aber ich glaube, ein Teil ist reines Glück", sagte Anne einst der BBC mit ihrer unverwechselbaren rauen Stimme und im selben schleppend-nuscheligen Ton, den ihr Bruder Charles und sie wohl von ihrem Vater Prinz Philip übernommen haben. Biografen beschreiben die pragmatische, zupackende Anne gern als den Sohn, den Prinz Philip sich immer gewünscht habe.
Im November 1973 wurde ihre Hochzeit mit dem Reitkollegen Mark Phillips in alle Welt übertragen. Wenig später überstand das Paar einen gescheiterten Entführungsversuch in der Nähe des Buckingham-Palasts unbeschadet. Aus ihrer ersten Ehe hat sie zwei Kinder, Zara Phillips und Peter Mark Phillips. Annes Ehe mit Mark Phillips wurde 1992 geschieden - dem Jahr, dass die Queen "Annus horribilis" genannt hat (lateinisch für schreckliches Jahr). Noch im selben Jahr heiratete die Prinzessin einen Commander der Royal Navy, Timothy Laurence, mit dem sie bis heute trotz manchen Trennungsgerüchts zusammenlebt.
Das Leben ohne ihren Vater werde ein "völlig anders" sein, erzählte Anne in einem voraufgezeichneten Interview, das nach Bekanntwerden von dessen Tod ausgestrahlt wurde.