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Frühstück mit Regina Hofer und Wolf Werdigier

Sie wohnt am Naschmarkt, er in der Inneren Stadt. Sie bespielt die Kabarettbühnen des Landes, er Galerien weltweit. Er lässt das Brot im Ofen anbrennen, sie rennt schnell vier Stockwerke runter, um frisches zu holen.

So läuft das beim Künstlerpaar Regina Hofer und Wolf Werdigier: Vieles ist klar geregelt, alles hat seinen Platz. Und doch greift gern das Chaos Raum.

Mit "1000 & One Night Stand" steht Regina Hofer zurzeit in der Wiener Kulisse auf der Bühne. Es ist ihr sechstes Soloprogramm, und wie meistens geht es um die weibliche Sexualität: Ein süßsaurer Reigen aus Sehnsüchten, Beziehungsfragen und Abhängigkeiten libidinöser und finanzieller Natur.

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Die Kabarettistin, die eigentlich Ärztin und Psychotherapeutin ist, hat da einiges beizusteuern: Da gibt es den alternden Primar, der sich kraft seines Geldbörsels noch immer als heißen Hengst begreift. Oder die junge Hausfrau, die sich ihr Idyll am Land geschaffen hat, und dann doch nicht weiß, wohin mit der Einsamkeit - und der vielen selbst eingekochten Marillenmarmelade.

Im Sezierkurs

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Sexualität, das war schon immer ihr Thema. "Schon im Sezierkurs haben mich alle schief angeschaut, weil ich das weibliche Geschlechtsorgan seziert hab'. Den Penis, den haben s' aber wochenlang stehen g'habt - da hat sich niemand g'wundert." Eine Frau solle auf eigenen Beinen stehen, lautet ihr Credo. Über den Mann die eigene Identität aufbauen, das ginge gar nicht. Zu viele Frauen würden nach einer Scheidung mit nichts dastehen: ohne Job, ohne Qualifikation und ohne einen eigenen Lebensentwurf.

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Klar, dass diese Themen auch in der Beziehung eine große Rolle spielen. Dabei fand das erste Date - wenig romantisch - in einem ehemaligen KZ statt. "Wir haben uns bei einer gruppentherapeutischen Sitzung zum Israel-Palästina-Konflikt kennengelernt", erzählt er. Und sie hat sich gleich gedacht: "Boah, ist der fesch, der ist sicher sehr gut verheiratet." War er nicht, geschieden war er.

Man kommt ins Reden, und sie erzählt von ihrer Jugend am Traunsee und wie schön das dort wäre. Und er erzählt, dass er auch dort geboren wurde, aber schön wäre was anderes: Von den Nazis wurde sein polnisch-jüdischer Vater ins KZ Ebensee verschleppt. Er überlebte und lernte nach der Befreiung durch die Amerikaner eine Krankenschwester, seine künftige Frau, kennen. "Mein Vater ist hier gelandet wie Strandgut, völlig zufällig."

Rendezvous im KZ

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Nur ein Jahr später, 1946, kam Wolf Werdigier auf die Welt, zehn Jahre später, am anderen Ende des Traunsees, in Gmunden, seine jetzige Partnerin. Aus dieser historischen und geografischen Spannung heraus nährt sich bis heute die Beziehung. "Ich war noch nie dort, in dem KZ", hat er vor neun Jahren zu ihr gesagt, und sie meinte nur: "Ich zeig's dir." Bis heute ist es schwierig, wenn die zwei in ihre gemeinsame, alte Heimat fahren: "Für mich ist es die wunderschöne Landschaft und für ihn halt der Ort, wo Schreckliches passiert ist."

Auf den Fokus seiner Arbeit hat Werdigier seine Lebensgefährtin gebracht. "Was ein Mann schöner is' wie ein Aff, is' ein Luxus", hat er ihr einmal - das Tante-Jolesch-Bonmot von Torberg - unterbreitet. "Das stimmt ja gar nicht. Wir wollen auch, dass die Männer schön und gepflegt sind", hat sie ihm geantwortet,"anders wär's ja eine Zumutung!"

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"Der weibliche Blick auf den Körper des Mannes" heißt die aktuelle Ausstellung des Malers, kein Wunder also, dass Penisse in seinem Wohn-Atelier in der Marc-Aurel-Straße allgegenwärtig sind. "Wir haben Interviews mit Frauen gemacht, was sie sich denn von einem Mann wünschen", erzählt Werdigier, "neben Erwartbarem wie Familie, Treue oder Geld waren dann auch Frauen, die ganz genau wussten, was sie wollten: Bestimmte Körperteile wie eine starke Brust oder Schulter, das passive Hinnehmen und Genießen vonseiten des Mannes oder eben ein tänzerisches Bewegungstalent." Bei der nächsten Ausstellung wird wieder der männliche Körper im Mittelpunkt stehen. "Kicken, Kunst und Kebab" heißt sie, die zum 100-Jahr-Jubiläum der Wiener Austria eröffnet wird und Fußballerkörper einmal abseits der Balltechnik in den Mittelpunkt rückt.

Küchenphilosophie

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Damit die Künstlerbeziehung der beiden rund läuft, sind die Rechte und Pflichten klar aufgeteilt. Wenn wir hier in seinem Atelier frühstücken, dann rührt sie keinen Finger (außer für den Fotografen). Sie darf nicht einmal einen Schritt in seine Küche setzen ("Kein Zutritt" steht dort an der Tür, und es sieht auch originär nach Studentenküche aus mit den Malerkübeln, dem Geschirr und der beachtlichen Leergutsammlung). Bei ihr wiederum, erzählt sie, ist die Küche voll ausgerüstet, Küchenmaschine inklusive: "Ich koche halt wahnsinnig gerne, das ist sinnlich und entspannt mich."

"Wir sind immer wechselseitig zu Besuch", erzählt er, "für alles, was hier ist, bin ich verantwortlich, und umgekehrt." Bei aller klaren Aufteilung muss trotzdem vieles täglich neu verhandelt werden. Vor einer Premiere dreht sich natürlich alles um sie. Im Sommerurlaub am Lido haben sie Tag für Tag das neue Stück durchgesprochen und daran gefeilt. "Eine Zeit lang geht das gut", sagt Hofer, "aber dann braucht der Partner wieder mehr Aufmerksamkeit. Sich immer nur zurücknehmen für den anderen, das geht nicht."

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Und so leben die beiden seit neun Jahren wie ein Paar, das sich permanent gegenseitig therapiert. Geht's ihr einmal schlecht, fordert er sie auf, die Situation zu schildern und macht daraus eine (für sie erhellende) Zeichnung. Geht's ihm schlecht, fordert sie ihn zum Beispiel auf, ein Blatt Papier schwarz anzumalen. Er malt dann alles düster an, Streifen für Streifen, bis auf einen kleinen, letzten Streifen am Schluss. "Da komm' ich drauf, wenn ich den jetzt auch anmal', dann ist es wirklich aus - und dann geht's wieder."

Termine

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Regina Hofer
"1000 & One Night Stand" in der Wiener Kulisse,
Rosensteingasse 39,
am 24., 25. und 26.11. sowie am 18. und 19. 12.
Karten unter Tel.: 01/485 38 70

Ausstellungseröffnung
"Kicken, Kunst und Kebab - Die vielen Sprachen des Fußball"
am 23.11., 19 Uhr, im Wiener Kochsalon Wrenkh,
Bauernmarkt 10

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