Einigung im Missbrauchsprozess: Erhält Prinz Andrew nun seine Titel wieder?
Kurze Zeit sah es so aus, als würde der Missbrauchsskandal um den britischen Prinzen Andrew im grellen Licht der Öffentlichkeit eines New Yorker Gerichtssaals landen. Richter Lewis Kaplan visierte schon einen Prozess wegen der Klage von Virginia Roberts Giuffre für Ende des Jahres an - nach einer Befragung Andrews unter Eid. Doch dazu kommt es nicht. "Virginia Roberts Giuffre und Prinz Andrew haben eine außergerichtliche Einigung erzielt" - so der schlichte Wortlaut eines Gerichtsdokuments.
Prinz Andrew erzielte in Missbrauchsverfahren Einigung
In einem Brief an Kaplan kündigten beide Konfliktparteien am Dienstag an, die Einstellung des Prozesses zu beantragen. Giuffre wirft dem zweitältesten Sohn von Queen Elizabeth II. vor, sie vor gut 20 Jahren als Minderjährige mehrfach sexuell missbraucht zu haben. Sie sei vom US-Geschäftsmann Jeffrey Epstein und dessen Ex-Partnerin Ghislaine Maxwell dazu gezwungen worden. Andrew weist die Vorwürfe strikt zurück.
Experten waren sich zuvor nicht einig gewesen, ob sich der Prinz auf einen Deal einlassen würde, weil es nach außen wie ein Schuldeingeständnis wirken könnte. Vor kurzem hieß es noch, Prinz Andrew stelle sich dem Prozess und solle am 10. März an einem "neutralen Ort" in London unter Eid vor Giuffres Anwälten aussagen. Auch Giuffre sollte unter Eid aussagen.
Nach der überraschenden Wendung im Prozess fragt sich nun manch einer, ob der Herzog von York vielleicht auch seine Militärtitel zurückbekommen könnte. Queen Elizabeth II. hatte im Jänner bekannt gegeben, dass sie ihrem Sohn angesichts der Klage seine königlichen Schirmherrschaften und militärischen Titel entziehen würde.
Bekommt Prinz Andrew seine Titel zurück?
Wie People aus königlichen Kreisen erfahren hat, werde Ihre Majestät ihre Entscheidung aber wohl nicht noch einmal überdenken. Die Beilegung des Rechtsstreits ändere nichts an ihrem Entschluss. Während der Sohn der Königin weiterhin ein Mitglied der königlichen Familie bleibt, werden ihm seine militärischen Zugehörigkeiten und Schirmherrschaften nicht zurückgegeben, so das US-Magazin.
Die Entscheidung wurde in den höheren Rängen der königlichen Familie "weitgehend diskutiert", so eine palastinterne Quelle. Es soll Gespräche zwischen Königin Elizabeth II., Prinz Charles und Prinz William gegeben haben. Am Ende habe man eine Entscheidung getroffen, von der man nicht wieder abrücken werde.
Andrew unterstützt Wohltätigkeitsorganisation seiner Klägerin
Prinz Andrews Ruf ist trotz der Einigung mit Giuffre erheblich angegriffen. Sein Image scheint der 61-Jährige nun retten zu wollen. "Prinz Andrew hatte nie die Absicht, Frau Giuffre zu verleumden, und er akzeptiert, dass sie sowohl als Opfer von Missbrauch als auch als Folge unfairer öffentlicher Angriffe gelitten hat", heißt es in der Verlautbarung, mit der der Rechtsstreit nun nach dem Willen von Andrew zu den Akten gelegt werden soll.
Wie viel Geld an die Klägerin fließen wird, ist nicht bekannt. Wenig kann es nicht sein. Giuffres Wohltätigkeitsorganisation zur Unterstützung von Opfern von Gewalt werde Andrew dabei auch unterstützen.
Auch auf Andrews früheren Freund wird direkt Bezug genommen: Es sei bekannt, dass Jeffrey Epstein über viele Jahre für den Menschenhandel mit unzähligen junge Mädchen verantwortlich sei. "Prinz Andrew bedauert seine Verbindung mit Epstein und lobt den Mut von Frau Giuffre und anderen Überlebenden, sich für sich selbst und andere einzusetzen."
Giuffre gibt an, Opfer eines von dem US-Multimillionär Jeffrey Epstein und seiner Ex-Partnerin Ghislaine Maxwell aufgebauten Missbrauchsrings geworden zu sein. Nach eigenen Angaben wurde sie dabei zum Missbrauch an den Royal vermittelt. Die mit Andrew viele Jahre befreundete Maxwell war erst vor kurzem von einem Gericht in einem US-Strafverfahren in mehreren Punkten schuldig gesprochen worden, unter anderem wegen Menschenhandels mit Minderjährigen zu Missbrauchszwecken, und muss mit einer langen Haftstrafe rechnen. Epstein nahm sich 2019 in Untersuchungshaft das Leben.
Mit der außergerichtlichen Einigung entgeht Andrew einen möglicherweise sehr unangenehmen Prozess mit der Veröffentlichung von Details des ihm vorgeworfenen sexuellen Missbrauchs. Groß war in Kreisen der Royals die Sorge, der Skandal könne die Feierlichkeiten zum 70-jährigen Thronjubiläum von Queen Elizabeth II. (95) in diesem Jahr überschatten. Ein Prozess in New York hätte voraussichtlich im Herbst stattgefunden und riesige mediale Aufmerksamkeit auf sich gezogen.
Der Rechtsexperte und ehemalige US-Bundesanwalt Neama Rahmani beurteilte die Einigung als Sieg für Giuffre, auch wenn Andrew einen möglicherweise extrem peinlichen öffentlichen Prozess abgewendet habe. "Dies ist im Wesentlichen ein Eingeständnis, dass etwas passiert ist", sagte Rahmani der Deutschen Presse-Agentur. Es wirke nun so, als sei der Royal über Jahre nicht aufrichtig gewesen, als er kategorisch geleugnet hatte, Giuffre überhaupt zu kennen. Rahmani geht davon aus, dass der Vergleich eine Vertraulichkeitsklausel und die Aussage enthält, dass Andrew nicht haftbar sei. Dafür habe er schätzungsweise Millionen an Giuffre gezahlt, wenn nicht sogar eine Summe im achtstelligen Bereich, so Rahmanis Einschätzung.