Obonya: Frauenversteher & Menschenfreund
Von Maria Gurmann
Es gibt schöne Männer und es gibt fesche Männer. Cornelius Obonya – perfekt gestylt in Jeans, beigefarbenem Sakko, lässigem Schal und braunen Leder-Sneakers – ist ein fescher Mann. Man muss nicht groß sein, um ein Großer zu sein. Gefragt ist vielmehr ein Gesicht, das Geschichten erzählt, eine Stimme, die sich ins Gedächtnis eingräbt und ein Charme, der jeden Schönling in den Schatten stellt.
Nicht jeder Mann kann dem Jedermann auf dem Domplatz eine Seele einhauchen. Obonya kann. Seine Leidenschaft für den Schauspielberuf, seine Wandlungsfähigkeit und sein G’Spür für Rollen wird mit tosendem Applaus vom Publikum belohnt. Und von der Kulturexpertin Haide Tenner, die dem offenen und uneitlen Schauspieler vorschlug, ein Buch über ihn und seine Leidenschaft fürs Theater zu schreiben. „Für eine Biografie bin ich zu jung“, war die spontane Reaktion Obonyas.
Biografie
Nach wochenlangen Gesprächen – bei gefühlten 60 Tassen Tee, 150 Brötchen und einer Flasche Wodka – ist daraus eine Theaterbiografie mit privaten Einblicken geworden. Der Sohn der Burgschauspielerin Elisabeth Orth und Enkelsohn von Paula Wessely und Attila Hörbigers lässt sich nicht auf ein Genre festlegen. Deshalb verließ er auch das Burgtheater, um mit der Hauptrolle in „The Producers“ einen Ausflug ins Musical zu machen. Und dann kam der Sensationserfolg „Cordoba“, in der er als Solist 26 Rollen spielte.
Seit er heuer auch noch als „Jedermann“ bei den Salzburger Festspielen Publikum und Kritiker beeindruckte, ist die Karriere des 44-jährigen Wieners nicht zu stoppen. Sein Terminkalender ist knall voll. Heute stehen noch zwei Stunden Arbeit als Sprecher für Universum History und vier Stunden Hörbuch-Aufnahmen auf dem Programm des Hobby-Archäologen.
Aber dann geht es ab in ein spielfreies Wochenende, auf das er sich „rasend“ freut, weil er Zeit für das Wichtigste in seinem Leben hat: Für seinen Sohn Attila (8) und seine Ehefrau Carolin Pienkos (43), die Regisseurin von „C(r)ash“, dem jüngsten Obonya-Erfolg.
„Es ist mörderisch stressig, aber es macht mir alles höllisch Spaß und ich bin nicht erschöpft“, sagt er um 8:35 Uhr im noch leeren Café Hawelka.Eine Minute vor halb neun rief der Pünktlichkeitsfanatiker an, um seine fünfminütige Verspätung anzukündigen. Disziplin, Perfektion und Präzision liegt im Blut des Hörbiger-Clans.
Bei schwarzem Tee, Buttersemmel und Ei im Glas erinnert sich Obonya an die Jugendzeit, die er Pfeife rauchend im Hawelka, statt in der Schule, verbrachte. „Ich wollte so viele Fehlstunden haben, bis man mich nicht mehr die Klasse abschließen lassen konnte.“ Er hat es erreicht und schaffte stattdessen mit 17 Jahren die Aufnahmeprüfung im Reinhardt-Seminar.
Familie
Die klassische Revolte eines Pubertierenden gab es bei Cornelius nicht. „Wogegen hätte ich revoltieren sollen?“ Seine Mutter unterstützte seine Ideenentfaltung. „Das fing beim Anziehen an. Es gab keine Kleidervorschriften“, sagt der Schauspieler, der in einem Frauenhaushalt aufwuchs. Er war neun, als er nach dem Tod seines Vaters, Burgschauspieler Hanns Obonya, psychosomatische Atmungsprobleme bekam. Wie geht es ihm heute bei dem Gedanken an den Vater? Obonya beugt den Kopf und schluckt. „In dem Moment, wo das Thema angesprochen wird, kommt es wieder.“
Er selbst habe keine Angst vor dem Tod. „Er soll nicht zu früh kommen, weil ich noch einige Sachen mit meiner Frau und meinem Sohn machen will. Da hab ich keinerlei Theaterfantasien. Es geht nur ums normale Leben, alles andere ist mir wurscht.“
Er ist ein
Frauenversteher, kein Macho. „Ich hasse nichts mehr als eine Gruppe von Männern, die ihre Schwanzlängen vergleichen.“ Schon als Volksschüler hasste er den Turnsaal. „Gemeinsames Schwitzen mag ich nicht. In die Sauna gehe ich gerne, aber nur mit zwei Leuten.“ Er liebt Flughäfen und Autofahren. „Ich diskutiere gerne über Autos, aber ich hole mir keinen damit runter, wenn jemand von 250 PS schwärmt“, sagt der Hybrid-Familienautofahrer.
Kaum zu glauben, dass der charmante Schauspieler auch ein Häferl sein kann. „Der Ärger über mich selber, dass man es nicht schon nach den ersten drei Proben komplett drauf hat, ist vollkommen sinnentleert. Wenn ich Fehler mache, ärgere ich mir den Fuchsschwanz weg“, sagt der Theaterprofi, der „es wie die Pest hasst, wenn Regisseure unvorbereitet zur ersten Probe kommen“.
Menschen, die ihn auf dem Spaziergang über den Graben zum Michaelerplatz erkennen, lächelt er freundlich zu. Nein, eitel ist er ganz und gar nicht. Der Obonya hebt ab und ist so gar nicht abgehoben.
Wenn ich an meinen Vater denke, vermisse ich ihn.
Wütend werde ich, wenn ich merke, dass ich unpünktlich bin.
Frank Sinatra habe ich liebend gerne gehört als ich jünger war und höre ihn immer noch gerne.
Vorbilder habe ich nicht so wirklich. Aber ich mag Laurence Olivier sehr. In seinem Buch steht sehr, sehr viel Gutes drin.
Geweint habe ich zuletzt gestern auf der Bühne, weil es die Rolle in "Crash" verlangte.
Bei dem Wort Werte steigen mir die Grausbirnen wegen Frank Stronach auf.
Ohne Humor geht es nie.
Cornelius Obonya, „Kommen Sie bitte weiter vor“,
von Haide Tenner aufgezeichnet, Amalthea Verlag, 22,95 €