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Waris Dirie im Kampf gegen Genitalverstümmelung: "Will die Welt wachrütteln"

Als Aktivistin und Model Waris Dirie (58) im Buch "Wüstenblume" ihre Geschichte erzählte, sorgte sie damit weltweit für Aufsehen. Die gebürtige Somalierin beschreibt darin ihre Genitalbeschneidung mit fünf Jahren, ihre Flucht, nachdem sie mit 13 Jahren mit einem 60 Jahre alten Mann zwangsverheiratet werden sollte und ihr Nomadenleben in Europa, das ihr die Tür zu einer großen Modelkarriere öffnete.

Mittlerweile hat sie sich in Wien niedergelassen und ist eine der Botschafterinnen des "Lavazza"-Kalenders. "Ich wurde in Afrika fotografiert und bevor ich zugestimmt habe, mitzumachen, habe ich mich informiert. Aber ich habe das Gefühl, dass hier auch etwas für die Länder getan wird, aus denen der Kaffee kommt. Es wird nicht nur genommen, ohne zu geben", so Dirie im KURIER-Gespräch.

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Jeder hat Verantwortung

Unter dem Kampagnen-Slogan "More than us" versteht sie, "dass wir mehr aufeinander Acht geben sollten. Wir sind alle eins und wir sollten uns gegenseitig unterstützen. Jeder Einzelne von uns hat Verantwortung. Ob sozial, wirtschaftlich, spirituell – wir alle haben eine Rolle in dieser Welt und müssen etwas wirklich Positives tun".

Das sei auch ihre Mission. "Ich will die Welt wachrütteln. Wir könnten so viel tun. Stattdessen sitzen wir nur herum und warten. Und ich weiß nicht, worauf wir warten. Jedes Jahr wiederholen wir dasselbe, aber nichts ändert sich. Warum?", redet sie sich in Rage.

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"Früher sind die Menschen noch aufgestanden. Diese Menschen existieren heute nicht mehr und ich weiß nicht, wo sie sind. Wir müssen ja auch ehrlich zu uns selbst sein. Wir haben Kinder (Dirie hat zwei Söhne im Alter von 26 und 14 Jahren) und was sagen wir ihnen? Welche Welt hinterlassen wir ihnen? Wie erklären wir ihnen das?", meint sie schon fast verzweifelt.

Jahrelanger Aktivismus

Wenn sie auf ihr eigenes Engagement und ihren Kampf gegen weibliche Genitalverstümmelung zurückblickt, meint sie: "Ja, ich bin schon glücklich damit, aber es ist nicht genug. Es könnte noch viel mehr getan werden. Warum bin das nur ich? Wieso können wir es nicht alle sein? Alleine kann ich die Welt nicht ändern. Alle müssen aufspringen und mitmachen."

Liebe zum Malen

Neben dem Aktivismus möchte Waris Dirie auch noch eine andere Facette von sich zeigen. "Ich male schon sehr lange und konzentriere mich jetzt mehr auf meine Kunst. Ich habe sehr viele Bilder und möchte sie der Welt zeigen." Außerdem gibt es "Wüstenblume" jetzt auch als Musical. "Ich hoffe, dass es nächstes Jahr in Berlin und dann auch im Rest der Welt gezeigt wird." 2020 wurde es in St. Gallen in der Schweiz uraufgeführt. Zuletzt konnte man es in München sehen.

Sonst klingen ihre Wünsche für die Zukunft simpel und bescheiden, aber dennoch schwer umzusetzen. "Frieden und Liebe für die Welt. Dafür bete ich auch. Wir alle wollen ja nur das Beste in unserem Leben. Und um das zu bekommen, brauchen wir mehr Mitgefühl und Freundlichkeit anderen gegenüber. Und wir alle haben diese Macht in uns."