Fenninger ist die Abräumerin der WM
Von Stefan Sigwarth
Das Lob kam aus berufenem Munde: "Was Anna gezeigt hat, war überragend. Sie verdient diese Medaille wirklich, sie ist ein großer Champion", sagte Jessica Lindell-Vikarby. Die Schwedin holte Bronze, am Donnerstag im WM-Riesenslalom von Beaver Creek.
"Anna war unglaublich. Nach dem ersten Durchgang habe ich noch zu ihr gesagt, sie soll mal im zweiten Lauf ein bisschen langsamer fahren." Dieser Gefallen wurde Viktoria Rebensburg von Anna Fenninger freilich nicht gemacht, die Deutsche wurde Zweite.
Kein Grund zum Schämen, diese erste Medaille für das DSV-Team, und auch kein Grund zum Schämen, die zweite Goldene für die Salzburgerin nach dem Super-G, die zudem Silber in der Abfahrt gewonnen hat. Viktoria Rebensburg wagte gleich noch einen Blick in die Zukunft: "Mit drei Medaillen kann man ganz locker-lässig heimfahren."
Das tut Anna Fenninger denn auch am Freitagmorgen, die 25-jährige Adneterin nimmt sogar das Flugzeug, um sich den nächsten Aufgaben in Europa anzunähern. Kein Wunder, der Landweg ist kompliziert, der Seeweg langwierig. Zuvor aber hatte die Salzburgerin noch Bilanz zu ziehen.
Fenningers Triumph in Bildern
Rückblende
2010, vor ihrer Olympia-Premiere in Vancouver, hatte die damals 20-jährige Anna Fenninger einen gewaltigen Rucksack umgehängt bekommen. Medien priesen sie als "nächste Moser-Pröll", Trainer scheuchten sie von Einsatz zu Einsatz, das Riesentalent drohte an den Erwartungen zu zerbrechen. In Vancouver kam die Sicherheitshysterie dazu, hinter gewaltigen Zäunen eingesperrt fand die Olympia-Debütantin weder zur Ruhe noch zu sich. "Ich habe mich einfach nicht wohlgefühlt." Die besten Platzierungen? 16. Ränge in Super-G und Kombination.
Gold in der WM-Kombination 2011 folgte der enorme Druck bei der Heim-WM in Schladming 2013 (Bronze in Riesenslalom); erst die Winterspiele in Sotschi wirkten befreiend. Zwar erneut unter ähnlichen Sicherheitsmaßnahmen wie 2010 untergebracht, aber gereift und in ruhigerer Atmosphäre als bei der Heim-WM erntete Anna Fenninger Gold im Super-G und Silber im Riesenslalom.
Und nun diese WM in den USA: Zwei Mal Gold, einmal Silber – Anna Fenninger stehen außer im Slalom alle Türen offen ("Man hat ja in der Kombination gesehen, dass es so viele gibt, die das besser können als ich"), und schon jetzt ist für die Salzburgerin klar, dass "diese Weltmeisterschaft nur schwer zu toppen sein wird". Einen ungeheuren Aufwand haben sie und ihre Ausrüster Head im Vorfeld betrieben, "es war harte Arbeit", und die wurde schließlich belohnt.
Das Gold vom Donnerstag ist das Meisterstück der Adneterin, denn "wenn ich ehrlich bin, war mir der Riesentorlauf am wichtigsten. Diese Disziplin erfordert die meiste Arbeit, außerdem ist es im Riesenslalom in früheren Jahren schon einmal nicht so gut für mich gelaufen. Da musste ich mich zurückkämpfen und habe viel erlebt. Ich bin sehr stolz, dass ich das geschafft habe."
Am Donnerstagabend war sie vor allem müde, zum Feiern blieb obendrein nur wenig Zeit. "Ich spüre jeden Muskel, es zehrt extrem. Ich kann es nicht in Kilo beziffern, aber ich habe im Laufe der WM sicher an Gewicht verloren. In Stresssituationen hat man wenig Zeit, um zu essen – und oft gar keinen Appetit. Im Sommer baut man Substanz auf, die man im Winter wieder verliert. Mir tut mein Nacken, mein Kreuz und eigentlich alles weh. Das ist muskulär, weil der Körper merkt, er kann jetzt loslassen."
Anna Fenninger ist keine neue Moser-Pröll. Anna Fenninger ist Anna Fenninger.
Anna Fenninger wird am Samstag ab 14 Uhr in Adnet feierlich empfangen. Der WM-Erfolgslauf ist nicht nur für ihre Salzburger Heimatgemeinde, sondern auch für ihr Konto ein Glücksfall. Manager Klaus Kärcher sagt: "Einen Star zu machen, funktioniert nicht. Es gibt drei Werte, die den Wert einer Marke darstellen. Das ist der mediale Stellenwert der Sportart, der beträgt in Österreich beim Skifahren hundert Prozent. Dann der sportliche Erfolg, der ist auf die Anna bezogen auch hundert Prozent. Ebenso ist es ihre Persönlichkeit. Diese Kombination ist unschlagbar." Der 55-jährige Deutsche sagt weiter: "Mit ihr kann man auch frauenspezifischere Märkte erschließen kann, wie zum Beispiel Mode, Körperpflege, Kosmetik."
Fenningers Einkünfte werden auf rund zwei Millionen Euro im Jahr geschätzt. Tendenz steigend, weil im Sommer ihr Vertrag mit Kopfsponsor Raiffeisen ausläuft. Ein verlängerter ist ebenso möglich wie ein neuer Kopfsponsor. Alles eine Frage des Geldes.