Sport/Wintersport

Vor 50 Jahren: Als Ski-Legende Karl Schranz zum Olympia-Buhmann wurde

Am Eröffnungstag der Spiele 2022 durfte sich der Olympia-Buhmann von 1972 in Tirol freuen. Ein medizinischer Generalcheck ergab für Karl Schranz, 83, nur gute Werte. Das sei keine Selbstverständlichkeit, meint der Herr Karl aus St. Anton, habe er doch vor fünf Jahren ein Schlagerl erlitten.

Am Montag sind’s genau 50 Jahre, seit der von Olympia Ausgeschlossene Japan verlassen musste. Im selben Flugzeug saßen die Wiener Symphoniker. Es sollte auch für Schranz keine Heimkehr in Moll werden, sondern ein eigenartiger Triumph. Selbst seine Töchter schütteln den Kopf, wenn sie – die zuletzt wieder gezeigten – Dokus sehen. Wie ihr Papa am Ballhausplatz die Menge begrüßte. Schranz rechnete nie damit, dass 90.000 Leut’ ab der Simmeringer Hauptstraße für ihn Spalier stehen. So wie er auch nicht hatte ahnen können, dass Jux-Kickerln zur Olympia-Sperre führen würden. Weil er – wie wir Mitspieler auch – ein Leiberl mit der Aufschrift Aroma- Kaffee getragen hat. Wofür es vom Kaffeesieder Leo Edlbauer am Neubaugürtel zugegeben den einen oder anderen Schilling gab.

Als ich einmal als übermotivierter junger Landesliga-Gastkicker auch gegen Schranz spielte, ermahnte mich Edlbauer, die Beine der Nation im Zweikampf zu verschonen: "Damit uns der Karli nur ja net ausfällt für Olympia." Das hat dann IOC-Präsident Avery Brundage besorgt. Ohne Ball.

Der US-Milliardär sprach Topfavorit Schranz den Amateurstatus ab. Derselbe Brundage, der nach einem Besuch in Nazi-Deutschland voller Lob grünes Licht für Hitlers Berlin-Spiele 1936 erteilt hatte. 1972 freilich wurde die dubiose Rolle von Brundage – vielleicht auch aus Unwissenheit – kaum hinterfragt. Schranz: "Heute würden’s den Brundage dafür zerfetz’n".

Stattdessen richtete sich der Volkszorn vor allem gegen Funktionäre, die nicht mutig genug für Schranz gekämpft hatten. Selbst Sportler wurden angefeindet, weil sie nicht aus Solidarität ihren Olympia-Start verweigerten. Dementsprechend schaumgebremst war die Reaktion auf den Olympiasieg von Trixi Schuba – dem bis heute letzten im Eiskunstlauf. Mittlerweile ist Österreich in der Traditionssportart von Medaillen so weit entfernt wie Gastgeber China von Demokratie.